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CDU-Drama: Brüssel ist AKK-Rücktritt egal - wenn Merkel bleibt - DER SPIEGEL

CDU-Drama: Brüssel ist AKK-Rücktritt egal - wenn Merkel bleibt - DER SPIEGEL

Die tägliche Mittagspressekonferenz der EU-Kommission ist so etwas wie der Seismograf des Brüsseler Tagesgeschehens. Nicht unbedingt wegen der Antworten der Kommissionsvertreter, die oft nur wortreich sagen, dass sie nichts sagen - sondern weil die Fragen der Journalisten aus den EU-Staaten meist kaum etwas auslassen, das auch nur halbwegs wichtig werden könnte.

Am Montag also ging es um den transatlantischen Handel, Gasprojekte in der Nordsee, das Coronavirus, Israel und Ägypten, Asylbestimmungen in Griechenland. Selbst die Lästereien des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell über das "Greta-Syndrom" junger Klimaschutz-Demonstranten waren, obwohl bereits Tage alt, noch einmal Thema. Und dann kam auch Deutschland vor: Es ging um einen Besuch der IG Metall bei Kommissionsvize Frans Timmermans.

Nur die Rücktrittsankündigung von Annegret Kramp-Karrenbauer, bis Montagmorgen immerhin die mögliche nächste Bundeskanzlerin, schien niemanden zu interessieren.

AKK blieb in Brüssel blass

Besonders verwunderlich ist das auf den ersten Blick nicht. Die CDU-Chefin war in der EU-Hauptstadt in ihrer kurzen Amtszeit nicht groß aufgefallen. Sicher, im vergangenen Februar war sie im feinen Residence Palast zu Gast und sprach über Europa. Es war eine ordentliche Rede, aber auch eine, die über die üblichen europapolitischen Gemeinplätze kaum hinauskam. Wenig später machte sie dann mit einem Zeitungsaufsatz von sich reden. Doch der Beitrag, der etwas großspurig als deutsche Antwort auf die Reformideen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron angekündigt war, bot ebenfalls nur das übliche Sammelsurium an Berliner EU-Lyrik.

Der damalige deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger sah sich sogar genötigt, mit einem bösen und wohl nicht ganz aus Zufall öffentlich gewordenen Brief zu antworten: Anders als in Kramp-Karrenbauers Beitrag behauptet, zahlten EU-Beamte sehr wohl Steuern, schimpfte Oettinger. Dass es sich dabei nur um einen vergleichsweisen geringen Obolus handelt, verschwieg Oettinger dabei freilich genauso wie die Tatsache, dass er in der CDU sowieso nur einen als Parteichef für akzeptabel hält: seinen Kumpel Friedrich Merz.

Die Frage, wer Kramp-Karrenbauer an der CDU-Spitze folgt, bringt Brüsseler Diplomaten nicht um den Schlaf. Warum auch? In Brüssel tritt wie gewohnt die Kanzlerin auf, und sowohl bei Friedrich Merz wie bei Armin Laschet gibt es an der europafreundlichen Grundausrichtung keinen Zweifel. Sogar Jens Spahn, der Gesundheitsminister mit Außenseiterchancen, ließ sich ab und an in Brüssel blicken. Und Markus Söder, der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident? Der will nach eigenem Bekunden nicht antreten und macht zudem, anders als in der CSU oft üblich, derzeit nicht mit üblen Tönen gegen Brüssel von sich reden.

Merz startete seine politische Laufbahn als Europaabgeordneter, Laschet ist als NRW-Ministerpräsident ein in Brüssel oft gesehener Gast. Zuletzt war er am 31. Januar bei Kommissionschefin Ursula von der Leyen, dem Tag vor dem Brexit. Zudem gab er erst am Wochenende in einem Gastbeitrag in der "Welt am Sonntag" den europapolitischen Staatsmann und forderte mehr sicherheitspolitisches Engagement der EU – eine Themensetzung, mit der er erkennbar über das Aufgabengebiet eines NRW-Ministerpräsidenten hinauszielte.

Brüssel erwartet von Berlin keine Visionen, aber solides Handwerk

Große neue Ideen aber erwartet im Moment in Brüssel niemand von Deutschland, weder von Laschet noch von seinen möglichen Konkurrenten um die AKK-Nachfolge. Was jetzt zählt, ist Verlässlichkeit. In der EU-Hauptstadt hat man sich zähneknirschend damit abgefunden, dass die deutsche Antwort an Macron ausgeblieben ist. Man wäre schon zufrieden, wenn im größten Mitgliedsland mal ein bisschen Stabilität herrschen würde und man sich nicht schon wieder an ein neues Gesicht gewöhnen müsste.

Die deutsche Selbstbeschäftigung tut der EU nicht gut, die derzeit an mehreren Krisenherden gleichzeitig kämpft: Brexit, Handelsstreitigkeiten mit den USA, Rechtsstaatsprobleme in Polen und Ungarn. Obendrein steckt die EU mitten in den wohl schwierigsten Haushaltsverhandlungen ihrer Geschichte. Bis zum Jahresende soll der Etat für die Jahre 2021 bis 2027 stehen, es geht um mehr als eine Billion Euro. Ausgerechnet dann, im zweiten Halbjahr, übernimmt Deutschland die rotierende EU-Ratspräsidentschaft. Die CDU-Krise kommt daher zur Unzeit. "Man kann nur hoffen, dass es nicht mitten in der deutschen Ratspräsidentschaft zum Regierungswechsel kommt", meint ein EU-Diplomat. "Wir haben schon genug Probleme."

Die betreffen nicht nur den Siebenjahreshaushalt. Auch beim Brexit droht erneut eine harte Landung, wenn das Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien nicht bis Ende 2020 steht. Dies mithilfe von Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier hinzukriegen, dürfte viel Kraft binden. Und dann ist da noch der EU-China-Gipfel in Leipzig im September, mit dem sich die Kanzlerin ein kleines Denkmal setzen will.

Wer will Merkel über sich?

Ohnehin ist Angela Merkel, deren Europapolitik oft als ideen- und antriebslos gegeißelt wird, aus Brüsseler Sicht längst die einzige Konstante mit Blick auf Berlin. Wer unter ihr CDU-Chef oder CDU-Chefin ist, ist fast schon egal, so scheint es. Andersherum gilt das nicht: Eine Kanzlerin Merkel über sich zu haben, war für Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin eine schwere Hypothek. Gut möglich, dass ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin also zunächst auf Merkels Rücktritt bestehen würde. Dann würde das CDU-Drama auch für Brüssel sehr schnell sehr spannend werden.

Der langjährige christdemokratische Europaabgeordnete Elmar Brok fordert daher von AKK, bis zum Parteitag Anfang Dezember CDU-Chefin zu bleiben. "Sonst bekommen wir einen Vorsitzenden im Hauruck-Verfahren", so Brok, "und bei der Kanzlerkandidaten-Frage geht dann wieder alles von vorn los".

Eine Aufgabe aber bleibt europapolitisch für Kramp-Karrenbauer in ihren letzten Tagen als Parteichefin. Wie es der Zufall wollte, war für Montagabend in Berlin ein Treffen mit Viktor Orbán geplant. Mit Ungarns Premier geht es um die Zukunft von dessen Fidesz-Partei in der Europäischen Volkspartei, eine Entscheidung, bei der die CDU ein wichtiges Wort mitzureden hat. Das Problem dürfte Kramp-Karrenbauer am Ende sehr bekannt vorkommen: Es geht darum, wie nahe die CDU rechtsextremen Parteien kommen darf. 

Icon: Der Spiegel

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2020-02-10 18:49:00Z
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