Am 4. März
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VonTanja Banner
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Ein ausrangiertes Raketenteil ist auf Kollisionskurs mit dem Mond. Doch kann man den Einschlag am 4. März von der Erde aus sehen? Fragen und Antworten zum Thema.
Frankfurt – Am kommenden Freitag (04.03.2022) wird ein ausrangiertes Raketenteil auf den Mond* stürzen. Dabei handelt es sich Fachleuten zufolge mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine chinesische Raketenstufe, die die Mond-Mission „Chang‘e 5-T1“ im Oktober 2014 auf ihren Weg gebracht hatte. China dementierte erste Berichte*, wonach es sich um eine chinesische Rakete handeln soll. Fachleute gehen jedoch davon aus, dass es sich dabei um eine Verwechslung mit einer ähnlich benannten Mission handelt. Zuerst hieß es, eine Raketenstufe von SpaceX schlage auf dem Mond ein*, doch Fachleute korrigierten diese Angabe später.
Fachleute haben den Einschlag der außer Kontrolle geratenen Raketenstufe für den 4. März 2022 um 13.25 Uhr berechnet. Mitten am Tag wird das Raketenteil einschlagen – da stellt sich die Frage: kann man das seltene Ereignis von der Erde aus sehen? Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um den Einschlag auf dem Mond.
Kann man den Einschlag der Rakete auf dem Mond von der Erde aus sehen?
Nein, den Einschlag der Rakete auf dem Mond wird man von der Erde aus nicht sehen können. Und das hat gleich mehrere Gründe: Fachleute haben berechnet, dass die außer Kontrolle geratene Raketenstufe am Rande des etwa 570 Kilometer großen Hertzsprung-Kraters einschlagen wird. Dieser Krater befindet sich auf der Rückseite des Mondes, die von der Erde aus nie zu sehen ist. Doch selbst wenn die Rakete an einer anderen Stelle einschlagen würde: Am 4. März 2022 ist der Mond gerade einmal zu etwa fünf Prozent vom Sonnenlicht beleuchtet (Vollmond* ist erst am 18. März) – die Wahrscheinlichkeit, dass man dann ausgerechnet die Einschlagstelle sehen kann, dürfte gering sein.
Können Sonden, die den Mond umkreisen, den Raketen-Einschlag beobachten?
Derzeit umkreisen drei Raumsonden den Mond:
Name/Nation | im Orbit seit |
---|---|
Lunar Reconnaissance Orbiter (Nasa) | 2009 |
Queqiao (China) | 2018 (nicht direkt im Mond-Orbit) |
Chandrayaan-2 (Indien) | 2019 |
Bisher gibt es nur offizielle Angaben von der US-Raumfahrtorganisation Nasa*, die seit 2009 die Raumsonde Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) in einem Orbit um den Mond kreisen lässt. Sie kann den Einschlag nicht live beobachten, wird jedoch so schnell wie möglich nach dem Einschlag versuchen, den entstandenen Krater zu finden und zu fotografieren. Etwa zwei Wochen nach dem Einschlag kann LRO den Hertzsprung-Krater frühestens sehen und wird dann Aufnahmen von der Einschlagstelle machen. Die werden eine Auflösung von etwa einem Meter pro Pixel haben. Ob die chinesische und die indische Raumsonde ebenfalls nach dem Krater Ausschau halten werden, ist bisher nicht bekannt.
Wird der Raketen-Einschlag dem Mond in irgendeiner Weise schaden?
Nein, dem Mond wird der Einschlag der Raketenstufe nicht schaden. Er hat seit seiner Entstehung bereits zahlreiche Einschläge überstanden, was man an seiner mit Kratern übersäten Oberfläche erkennen kann. Allein auf der erdzugewandten Seite des Mondes kennt man etwa 300.000 Krater mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer. Für die meisten dieser Krater sind andere Himmelskörper – Asteroiden* oder Kometen – verantwortlich, die den Mond getroffen haben. Verglichen mit diesen teils gigantischen Kratern wird die ausrangierte Rakete, die den Mond am 4. März trifft, einen eher kleinen Krater hinterlassen: Fachleute gehen davon aus, dass er einen Durchmesser von zehn bis 30 Metern haben und etwa zwei bis drei Meter tief sein wird.
Der Einschlag der Raketenstufe aus China auf dem Mond* erinnert an die Nasa-Sonde LCROSS*, die die US-Raumfahrtorganisation im Jahr 2009 absichtlich auf den Mond stürzen ließ. Die Sonde stürzte in einen Krater in der Nähe des Südpols, dessen Boden dauerhaft im Schatten liegt. Das Ziel der Mission: Der Einschlag sollte Mond-Staub aus dem Krater aufwirbeln und es Forschenden ermöglichen, so herauszufinden, ob es in dem Krater Wassereis gibt. Die Mission war ein voller Erfolg: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten Anzeichen von Wassereis finden, die durch den Einschlag gelöst wurden.
Was sagt die Wissenschaft zu dem Einschlag auf dem Mond?
Die Wissenschaft ist zwiegespalten, was den Einschlag der Raketenstufe auf dem Mond angeht: Einerseits handelt es sich um den ersten ungeplanten Einschlag eines Stücks Weltraumschrott auf dem Mond – ein Ereignis, das den Mond verändern kann und das zeigt, wie weit sich der Weltraumschrott schon im Sonnensystem ausgebreitet hat. Wie der Forscher Vishnu Reddy von der University of Arizona in Tucson herausgefunden hat, umkreisten mehr als 150 Objekte den Mond – und mindestens 90 Prozent davon sind Schrott, zitiert das Magazin Nature Reddy.
Größe des Raketenteils | 12 Meter lang |
Gewicht des Raketenteils | 4500 Kilgramm |
Geschwindigkeit beim Einschlag | etwa 9300 km/h |
Einschlagsort auf dem Mond | Am Rand des Hertzsprung-Kraters (Rückseite des Monds) |
Auf der anderen Seite stellt der Einschlag des Raketenteils auf dem Mond auch eine Chance dar, wie die Nasa-Mission LCROSS und ein Blick noch weiter in die Vergangenheit zeigt. Der Aufprall von Raumsonden auf dem Mond „wurde zum Teil gezielt angestrebt, um Wissenschaft zu machen“, erklärt Ulrich Köhler vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gegenüber dpa. In der „Apollo“-Ära der Nasa sei dies sogar Teil des Missionskonzepts gewesen. „Mondfähren wurden damals abgekoppelt und auf Kollisionskurs gebracht“, so Köhler. Die Erschütterung des Mondbodens sei mit einem Seismometer auf dem Mond gemessen worden, daraus ließen sich Schlüsse über die Eigenschaften der Mondkruste erlangen.
Blick zurück: Früher ließ die Raumfahrt ihre Sonden auf dem Mond abstürzen
Auch bei späteren Mond-Missionen sei dies gemacht worden. „Ziel war, die entstehende Auswurfwolke geochemisch zu erfassen – etwa, um in abgeschotteten Kratern Eismoleküle nachweisen zu können“, so Köhler, der davon ausgeht, dass auch der jetzt bevorstehende Einschlag „nützlich“ sein könnte. „Der Mondboden ist durch Sonnenwind, kosmische Strahlung und eingeschlagene Mikrometeoriten über Jahrmillionen gereift. Der Aufprall legt nun praktisch unverfälschtes Material frei – und das noch dazu auf der kaum untersuchten Rückseite des Mondes“, freut sich der Planetengeologe am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof.
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Der Planetenwissenschaftler Paul Hayne (University of Colorado Boulder), sieht in dem unbeabsichtigen Einschlag des Raketenteils auf dem Mond eine Chance: Gemeinsam mit seinen Kolleg:innen habe er seit einem Jahrzehnt versucht herauszufinden, wie tief der Mond-Krater ist, in dem die Nasa-Sonde LCROSS abgestürzt ist, erklärt er auf dem Portal The Conversation. „Das zufällige Experiment des bevorstehenden Absturzes wird Planetenforschern die Möglichkeit geben, einen sehr ähnlichen Krater im Tageslicht zu beobachten. Es wird so sein, als würde man den LCROSS-Krater zum ersten Mal in allen Einzelheiten sehen“, freut sich Haynes. (Tanja Banner) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
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