Stand: 19.04.2021 02:28 Uhr
Topklubs aus Italien, Spanien und England haben in der Nacht bestätigt, dass sie eine Super League gründen. Der europäische Fußball befindet sich in entscheidenden Stunden.
Von Chaled Nahar
In der Nacht auf Montag kurz nach Mitternacht bestätigten die Klubs ihre Pläne. "Zwölf der führenden europäischen Fußballvereine haben sich heute zusammengeschlossen, um ihre Einigung bekannt zu geben, einen neuen Wettbewerb zu gründen: die Super League", hieß es in einer Mitteilung. Reguliert werde diese von den zwölf Gründungsklubs - die offizielle Abkehr von der UEFA.
Wer dabei ist, warum der Vorstoß jetzt kommt und was er für Folgen hat - ein Überblick:
Wer an der Super League teilnehmen soll
Die jeweils drei großen Klubs aus Spanien und Italien sowie sechs Klubs aus England haben ihre Teilnahme offiziell zugesagt. Drei weitere Klubs sollen hinzu kommen, um ein Feld von 15 Gründungsmitgliedern zusammen zu stellen.
Bayern München, Borussia Dortmund und andere Klubs aus Deutschland sowie auch aus Frankreich lehnen die Super League derzeit ab.
Die Gründe, an einer Super League teilzunehmen, sind unterschiedlich. Der FC Barcelona und Atlético Madrid befinden sich finanziell in einem sehr schlechten Zustand und brauchen dringend Geld. Manche Klubs sind wohl schlicht an höheren Einnahmen interessiert. Es zählen außerdem mehrere Klubs unter den Teilnehmern, die von Investoren aus den USA geführt werden: beispielsweise AC Mailand, FC Liverpool oder Manchester United. Hinter der Gründung der Super League steht Berichten zufolge die US-Bank JP Morgan, die den Wettbewerb mit mehreren Milliarden Euro ins Leben rufen will.
Wie das noch verhindert werden kann
Die Gefahr einer abtrünnigen Super League scheint ernst wie nie - oder ist es erneut nur eine Drohgebärde? Es bleibt offen, ob es nicht doch darum geht, weitere Zugeständnisse der UEFA für die Zukunft der Champions League zu bekommen. Nach der Bestätigung durch die Klubs ist das aber sehr unwahrscheinlich geworden, die Super League wird wohl Realität. Zuletzt hatte die Klubvereinigung ECA von der UEFA die Kontrolle über die kommerzielle Vermarktung gefordert.
Am Abend veröffentlichte die ECA eine Stellungnahme, nach der die Organisation hinter den geplanten Reformvorhaben mit der UEFA stehe. Die ECA steht vor einem Neuanfang: Der Vorsitzende Andrea Agnelli, Präsident von Juventus Turin, nahm nach Informationen der Sportschau an einer Dringlichkeitssitzung der Organisation jedenfalls nicht teil. Auch der stellvertretende Vorsitzende von Real Madrid, Pedro López Jiménez, soll gefehlt haben. Sie gehören nun offenbar woanders hin. Noch unbestätigte Berichte sagen: Agnelli soll zurückgetreten sein, Juventus die ECA verlassen.
Wie die UEFA reagiert
Die UEFA wählte vor der Kommunikation der Klubs deutliche Worte: "Wir werden alle Maßnahmen, die uns zur Verfügung stehen, in Betracht ziehen - auf allen Ebenen, sowohl rechtlich als auch sportlich - um zu verhindern, dass dies geschieht. Der Fußball basiert auf offenen Wettbewerben und sportlichen Leistungen; es kann keinen anderen Weg geben", hieß es in einer Mitteilung. Diese wurde neben der UEFA auch von den Ligen und Verbänden aus den drei Ländern unterzeichnet.
DFL-Geschäftsführer Christian Seifert unterstützte die Mitteilung ebenfalls öffentlich.
Was Montag und Dienstag passiert
Am Montag zwischen 9 Uhr und 14 Uhr sollte das UEFA-Exekutivkomitee eigentlich die Reform der Champions League beschließen. Unklar ist, ob diese Abstimmung nun überhaupt erfolgt.
Am Dienstag steht der UEFA-Kongress an. Ein sonst harmonischer Termin, bei dem Funktionäre mit Applaus in Ämter gehoben werden, könnte nun in konfrontativer Stimmung stattfinden.
Warum der Vorstoß jetzt kommt
Die lange ausverhandelte Reform der Champions League ab 2024, die eigentlich erneut den großen Klubs entgegenkam, wird nun als Ausstiegsstrategie benutzt. Die Reform scheint den großen Klubs nicht gut genug.
Ein entscheidenderes Detail ist, dass zwei große TV-Verträge enden: In Spanien und England laufen die Verträge der Premier League und von La Liga 2022 aus - mehrere Milliarden Euro von Medienunternehmen werden dann verfügbar, die eine Super League an sich reißen könnte. Auf Dauer könnte noch mehr Geld ins Spiel kommen, wenn 2024 TV-Rechte in Italien und vor allem in der Champions League neu verhandelt werden.
Wie die Super League sportlich aussehen soll
Die vorgeschlagenen Rahmenbedingungen für den neuen Wettbewerb ab 2022:- 20 Klubs spielen mit
- 15 davon sind "permanente Mitglieder", müssen sich also nicht qualifizieren
- Fünf andere Klubs müssen sich qualifizieren, der genaue Weg wird nicht skizziert
- Es gibt zunächst zwei Gruppen mit je zehn Mannschaften, es soll jeweils Hin- und Rückspiel geben, drei Teams je Gruppe kommen weiter
- Die Viert- und Fünftplatzierten beider Gruppen sollen Play-offs um das Viertelfinale spielen
- Diese acht Teams spielen dann ab einem Viertelfinale den Turniersieger aus
- Insgesamt gibt es 193 Spiele, pro Klub mindestens 18, höchstens 23
Was finanziell zu holen ist
Eine Menge. Den Bayern stand nach dem Gewinn der Champions League 2020 die Rekordsumme von 135 Millionen Euro zu. In der Super League könnte es deutlich mehr geben: 3,25 Milliarden Euro sollen zunächst unter den 15 Gründungsmitgliedern aufgeteilt werden. Danach soll es pro Saison allein eine Startprämie von rund 100 Millionen Euro pro Klub geben, bei erfolgreichem Abschneiden gibt es deutlich mehr. Das Prinzip: In einer Super League gibt es mehr Geld, das auf weniger Klubs aufzuteilen ist.
Wer noch davon profitiert
Die FIFA will eine vergrößerte Klub-WM ins Leben rufen, die nur wegen der Coronakrise nicht wie geplant 2021 in China Premiere feiert. Der Vorschlag für die Super League sieht vor, dass der Wettbewerb die europäischen Teilnehmer an einer "neuen Klub-WM" stellt - hiermit könnte die neue Klub-WM der FIFA gemeint sein.
Die FIFA befindet sich seit Jahren in einem Machtkampf mit der UEFA und weitet nun ihr Geschäft stärker auf den Klubfußball aus. Sie könnte also von der Super League profitieren und deren Legitimation sogar stärken. Aber: FIFA-Präsident Gianni Infantino setzte mit den sechs Konföderationen inklusive der UEFA ein Schreiben auf, indem er einer Super League eine Absage erteilte. "Vereine oder Spieler, die an einem solchen Wettbewerb teilnehmen würden, dürften folglich an keinem von der FIFA oder der jeweiligen Konföderation organisierten Wettbewerb teilnehmen", hieß es damals. Auch in der Nacht missbilligte die FIFA nach auffällig langem Schweigen die Pläne.
Was mit den nationalen Ligen passiert
Von der FIFA, der UEFA, den Nationalverbänden und den Ligen wurde den Spielern mit dem Ausschluss von Länderspielen gedroht, den Klubs mit dem Ausschluss aus den Ligen. Eine Angst ist greifbar: Die Verbände fürchten um ihr rechtliches und ihr wirtschaftliches Monopol, wenn jemand anderes Geschäfte mit dem Fußball macht.
Dabei wird es im Ernstfall wohl Gerichte beschäftigen, ob Klubs oder Spieler einfach von irgendetwas ausgeschlossen werden können. Der Vorschlag zur Super League sieht abgesehen vom Finale Spiele ausschließlich unter der Woche vor, damit die Klubs am Wochenende in den heimischen Ligen spielen könnten. Die großen Klubs wollen also beides.
Quelle: sportschau.de
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