Über einzelne Spieler redet Trainer Hansi Flick nicht gern. Meist sogar gar nicht. Flick weicht dann aus und spricht von der Münchner Mannschaft, von der Leistung des Kollektivs, nicht von der des Individuums. Am Sonntag machte Flick eine Ausnahme. Da sprach er über Leroy Sané, der gar nicht in der Startelf gestanden hatte. Der aber früh aufs Feld musste, weil sich Serge Gnabry verletzt hatte. Das Fazit von Flick lautete später: »Das war das, was wir und die Mannschaft von Leroy sehen wollen.« Hansi Flick war zufrieden.
Auch beim 2:1 gegen den SC Freiburg am 16. Spieltag knirschte es. Der FC Bayern musste bis in die Schlussminuten bangen, aber nun steht er vorzeitig als bestes Team der Hinrunde fest, auch wenn das an diesem kalten Nachmittag in München eher eine Randnotiz blieb. Wichtig war es für den Meister, wieder in die Spur zu kommen. Oliver Kahn, der künftige Klubchef, forderte nach den Niederlagen in Gladbach und beim sensationellen Pokal-Aus in Kiel, dass man jetzt »schleunigst im neuen Jahr ankommen« müsse.
Das gelang, auch wenn es denkbar knapp war, in den Schlussminuten hätte Nils Petersen beinahe das 2:2 erzielt – sein Schuss aber ging an die Latte. Freiburg war mutig, Bayern gewann das Spiel. Und vieles funktionierte besser, vor allem die zuletzt so fehleranfällige Viererkette ließ sich nicht mehr wie in den vergangenen Spielen regelmäßig übertölpeln. Alles wirkte etwas stabiler.
Die bemerkenswerte Erkenntnis des Spiels war aber nicht der erste Schritt zurück in die Erfolgsspur. Sondern, dass Leroy Sané, im Sommer von Manchester City verpflichtet worden, beim FC Bayern angekommen scheint. Und Flick ging es bei seinem Sonderlob nach dem Spiel gar nicht so sehr um die offensiven Künste des Flügelstürmers, für die vor allem sie die Ablöse von 45 Millionen Euro nach England überwiesen haben. Das Siegtor von Thomas Müller hatte Sané vorbereitet.
Viel eindrucksvoller aber war ein Moment fünf Minuten vor Schluss – als Sané nach einem eigenen Abspielfehler 50 oder gar 60 Meter weit über den Platz zurück sprintete und Freiburgs Vincenzo Grifo den Ball abnahm. Er entschärfte die Situation. Es ist eine Aktion, die man von Sané bislang zu selten gesehen hat. In ähnlichen Situationen war er oft schon stehen geblieben, mal hadernd, mal teilnahmslos.
Daher lobte Flick »den Riesen-Sprint, den Leroy nach hinten ansetzte. Aber auch, dass er mehrmals gut gegen den Ball arbeitete.« Flick meinte damit die vielen Szenen, in denen Sané seine ballführenden Gegenspieler unter Druck setzte, unangenehm wurde und bissig.
Flick hob Sanés Defensivarbeit auffällig deutlich hervor. Vielleicht wollte er sagen, schaut her, Sané passt sehr wohl nach München. Karl-Heinz Rummenigge war sich kurz vor Weihnachten noch nicht so ganz sicher. Über Sané sagte der Klub-Boss: »Er hat dieses FC-Bayern-Gen noch nicht verinnerlicht.« Ein großes Wort, von dem wohl keiner außerhalb von München so richtig weiß, was es bedeutet. Sané habe zwar großes Talent, sagte Rummenigge damals im »Doppelpass«, aber Sané müsse an seiner Einstellung arbeiten und er nannte Thomas Müller als Vorbild.
Teamkollegen bejubeln Sané
Flick wurde auch in den vergangenen Monaten nicht müde, sich vor den Star-Einkauf des vergangenen Sommers zu stellen. Er erinnerte immer wieder an die schwere Kreuzbandverletzung, die Sané noch in Manchester zu einer langen Pause zwang. Er brauche Zeit, um seine Rolle in München zu finden. Aber er werde es schaffen, da war sich Flick immer sicher.
Deutlich wurde beim Sieg gegen Freiburg auch, wie sehr der gesamten Mannschaft daran liegt, ihren neuen Mitspieler zu integrieren. Sie wissen, wie wichtig Sané in Topform ist. Sinnbildlich stand dafür auch, dass Müller nach seinem Siegtor mit dem Finger auf den Passgeber zeigte, voll Inbrunst dessen Vornamen brüllte und Sané an sich drückte.
»Es waren keine einfachen Wochen für ihn«, sagte Jérôme Boateng später, »er hatte einige unglückliche Szenen. Vielleicht war er etwas verkrampft in letzter Zeit, da ist es wichtig, dass wir ihn unterstützen und deswegen nehmen wir ihn auch weiter mit.« Leon Goretzka sprach dazu noch von Sanés »Top-Mentalität, gerade in den letzten 15 Minuten, wie er da noch mal nach hinten sprintet«.
Die Bundesliga, die Klub-WM, die Champions League – für den FC Bayern wird es noch eine lange Saison. Auch ohne den DFB-Pokal. Leroy Sané wird jedenfalls weitere Gelegenheiten bekommen, sich auszuzeichnen.
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