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Machtkampf unter Katholiken: Breit lächeln und den Dolch in den Rücken - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Machtkampf unter Katholiken: Breit lächeln und den Dolch in den Rücken - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Kardinal Marx war diese Woche auf heikler Mission im Vatikan. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz wollte die Wogen glätten, nachdem in den Tagen zuvor mal wieder ein römischer Zyklon über die katholische Kirche in Deutschland hinweggezogen war. Es geht um den „Synodalen Weg“ – so nennen die deutschen Bischöfe den Prozess, in dem sie Konsequenzen aus den vielen Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Kleriker ziehen wollen. Das betrifft nicht nur eine bessere Auswahl und Ausbildung von Priestern. Es geht ans Eingemachte: Ist der Zölibat, die Verpflichtung zum enthaltsamen, ehelosen Leben, noch zu halten, wenn er erwiesenermaßen Menschen mit einer unreifen Sexualität anzieht, die sich dann an Kindern vergreifen? Soll die Kirche endlich Frauen zu Priesterinnen weihen, um das männerbündische System aufzubrechen? Welche Machtstrukturen müssen sich ändern, damit schwerste Verbrechen nicht mehr vertuscht werden können?

Thomas Gutschker

Redakteur im Ressort Politik in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Der Zyklon kam in Form eines Briefes, den der Vorsitzende der Kongregation für die Bischöfe, Kardinal Marc Ouellet, seinem Amtsbruder Marx (auf unserem Bild) schickte. Der Kanadier forderte darin Gefolgschaft ein. Der synodale Weg solle „im Einklang mit der Weltkirche beschritten werden“ und die „vom Heiligen Vater vorgegebenen Leitlinien berücksichtigen“. In dieser Allgemeinheit hätte Marx mit dem Brief noch halbwegs leben können. Doch hatte es der Anhang in sich. Ouellet übermittelte nämlich noch ein Rechtsgutachten des Vatikans zu den geplanten Statuten des synodalen Wegs – was selbst schon ungewöhnlich ist.

Marc Kardinal Ouellet bei einer Prozession in Rom

Das Gutachten ist eine einzige Zurückweisung des ganzen Vorhabens. Die Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wollten sich mit Themen befassen, die „nicht Gegenstand von Beschlüssen und Entscheidung einer Teilkirche sein können“, heißt es da. Wenn überhaupt, müssten die Bischöfe ein sogenanntes Partikularkonzil einberufen, und zwar streng nach Maßgabe des kanonischen Rechts. Der Clou dabei: Ein solches Konzil muss der Heilige Stuhl genehmigen, letztlich also der Papst selbst. Die Oberaufsicht liegt dann bei der Kurie in Rom. Laien können allenfalls mitberaten, die Bischöfe entscheiden allein. Und der Papst muss alle Beschlüsse förmlich anerkennen, kann sie aber auch verändern oder zurückweisen. Das Verfahren ist streng hierarchisch – wie bei allen Bischofssynoden, die in Rom stattfinden.

Wer Strukturen verändern will, trifft sofort auf Widerstand

Genau das wollen die Deutschen nicht. Denn dann könnten sie es auch gleich lassen. Die Mühlen im Vatikan mahlen extrem langsam. Wer Strukturen verändern will, trifft sofort auf Widerstand. Sogar dem Papst geht das so. Kürzlich berichtete er Journalisten auf dem Rückweg von einer Reise nach Afrika, wie es ihm mit seinen konservativen Kritikern im Vatikan ergehe: „Sie lächeln dich breit an, und dann stoßen sie dir den Dolch in den Rücken.“ Obendrein hat Franziskus beim Thema Missbrauch selbst noch keine klare Linie gefunden. Er griff in einzelnen Fällen hart durch, doch blieb eine Konferenz, die er dazu im Februar in Rom abhielt, ohne greifbares Ergebnis.

So wuchs bei den deutschen Laien und Bischöfen der Wille, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Bei ihrer Vollversammlung im März beschlossen sie den synodalen Weg. Das ist kein Begriff aus dem Kirchenrecht, sondern eine Neuschöpfung. Eigentlich ist es doppelt gemoppelt, schließlich heißt Synode schon „gemeinsamer Weg“ (syn-hodos). Von Anfang an war klar, dass die Laien – vertreten vom Zentralkomitee deutscher Katholiken, kurz ZdK – dabei voll einbezogen werden sollen. Die systematische Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in Deutschland, von den Bischöfen selbst in Auftrag gegeben, ließ gar keine andere Wahl.

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2019-09-22 06:19:00Z
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