Friedrich Merz hat offiziell seine Kandidatur für den Parteivorsitz der CDU erklärt. Bei der Neuwahl auf dem Parteitag im April gehe es nicht nur um eine Personalentscheidung, sondern auch um eine „Richtungsentscheidung für die CDU“, sagte Merz am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Mit Blick auf seine Mitbewerber Armin Laschet und Jens Spahn sagte er: „Wir haben seit heute die Alternative zwischen Kontinuität und Aufbruch und Erneuerung. Ich stehe für Erneuerung.“ Merz zeigte sich kampfbereit: „Ich will gewinnen.“
In Teilen der CDU und der Bevölkerung spüre er die Erwartung, „dass die CDU in bestimmten Fragen eine neue Richtung einschlägt“. Scharf kritisierte er auf der Pressekonferenz zur Vorstellung seiner Kandidatur die politischen Entscheidungen der großen Koalition: „In der Summe sind sie eine Belastung für die junge Generation.“ Die Frage einer Kabinettsumbildung stelle sich derzeit aber nicht. Dies könne frühestens nach dem Sonderparteitag der CDU am 25. April der Fall sein. Dann müssten die Vorsitzenden von CDU und CSU und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber entscheiden.
Merz kennt seine Umfragewerte
„Wir haben seit heute einen offenen Wettbewerb in der CDU“, sagte Merz. Das sei innerparteiliche Demokratie. „Ich kenne meine Umfragewerte. Das kann ich der Partei nicht ersparen.“
Laut einer aktuellen Umfrage wünschen sich 18 Prozent der Deutschen Merz als Kanzlerkandidaten der Union. Zwölf Prozent favorisieren Markus Söder. Auf Röttgen entfielen elf Prozent. Außerdem war nach Laschet (neun Prozent) und Spahn (sieben Prozent) gefragt worden.
Merz teilte mit, er habe im Gespräch mit Laschet signalisiert, dass er bereit sei, für den Platz des Stellvertreters zu kandidieren, der bei einer Wahl Laschets frei werden würde. Diese Frage habe sich mit dem heutigen Tag aber erledigt, sagte er angesichts von Spahns Ambitionen als Vize. Daher gelte für ihn selbst jetzt: „Ich spiele hier auf Sieg und nicht auf Platz.“ Auf die Frage, was er von dem Tandem Laschet-Spahn halte, sagte er, ihm stehe es nicht zu, „die beiden jetzt persönlich zu bewerten“. In der Wirtschaft „würde man vielleicht von einer Kartellbildung zur Schwächung des Wettbewerbs sprechen“. Das sei hier aber „legitim“.
Zur Frage der Kanzlerkandidatur wollte sich Merz nicht detailliert äußern. Diese Frage werde wie üblich gemeinsam mit der CSU entschieden. Zudem äußerte er die Erwartung, dass Bundeskanzlerin Merkel bis zum Ende der Wahlperiode im Herbst 2021 im Amt bleibe. Mit Blick auf sein schwieriges Verhältnis zu Merkel sagte Merz, wenn er zum Vorsitzenden gewählt werde, „dann haben wir eine staatspolitische Verantwortung, die über unsere Person hinausreicht“.
Mit Merkel würde Merz „einen Weg finden“
Er sei sicher, Merkel und er würden „einen vernünftigen Weg finden“. Sachverhalte wie in Thüringen müssten aber von der Partei und nicht im Bundeskanzleramt entschieden werden. Insofern wäre die Aufgabenverteilung „etwas deutlicher und klarer“.
Dennoch grenzte sich Merz von der Bundeskanzlerin ab. „Die Bundesrepublik Deutschland steht heute ausgesprochen gut da“, sagte er mit Blick auf die Amtszeit Merkels. Man müsse jetzt aber den Blick nach vorne richten. „Wir müssen wirklich einige Korrekturen vornehmen.“ Das würden Wähler und Mitglieder erwarten.
Merz beansprucht für Deutschland eine stärkere globale Rolle. „Deutschland muss bereit sein zu führen“, sagte er. „Das wird von uns erwartet.“ Europa verharre, global gesehen, in einer „routinierten Ratlosigkeit“. Dies müsse sich ändern, Europa müsse „weltpolitikfähig“ werden. Das gehe aber nur mit Deutschland: „Deutschland muss vorne sitzen.“
Zur Notwendigkeit von punktuellen und anlassbezogenen Grenzkontrollen sagte Merz: „Wenn eine Regierung die Kontrolle über den Zuzug in das eigene Land verliert, dann darf sie sich nicht darüber wundern, dass sie das Vertrauen der Menschen verliert.“
Es ist Merz‘ zweite Kandidatur nach 2018: Damals war Merz der Mitbewerberin Annegret Kramp-Karrenbauer unterlegen.
Laschet mit Seitenhieb gegen Merz
Nur wenige Minuten vor Merz betrat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet das Podium der Bundespressekonferenz und erklärte seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz und bot sich als Versöhner für die Partei an. Er habe in den vergangenen Tagen versucht, mehrere Bewerber für den Chefposten einzubinden, betonte er am Dienstag in Berlin. „Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich diesem Team-Gedanken anschließen konnten“, sagte er – offensichtlich ein Seitenhieb gegen den früheren Unionsfraktionschef Friedrich Merz.
Der neue Vorsitzende wird auf einem Sonderparteitag am 25. April gewählt.
Der 59-jährige Laschet sieht sich zugleich als möglicher Kanzlerkandidat der Union. Die Frage werde aber gemeinsam mit der CSU entschieden. Dazu werden nach seinen Worten die Chefs der Schwesterparteien einen Vorschlag machen – wann genau, ließ er offen. Für die Union im Bund warb Laschet für andere Koalitionen als Schwarz-Rot. Nun müsse der Koalitionsvertrag mit der SPD erfüllt werden, sagte er. Aber die Zukunft in Deutschland müsse anders entwickelt werden als mit diesem Koalitionsvertrag.
Dabei sieht Laschet ein Bündnis mit der FDP wie in seinem Bundesland als mögliches Modell. Das Modell könne auch die Bundespolitik aus Düsseldorf bereichern. Die Entscheidung zu seiner Kandidatur sei mit dem liberalen Koalitionspartner in Nordrhein-Westfalen abgestimmt, sagte Laschet.
Spahn will unter Laschet Stellvertreter werden
Gesundheitsminister Jens Spahn war bereit, sich Laschet unterzuordnen. „Es kann nur einen Parteichef geben.“ Das bedeute auch, dass jemand zurückstehen müsse. Deshalb unterstütze er Laschet bei seiner Kandidatur. Dieser habe in NRW bewiesen, dass er liberale und konservative Strömungen zusammenführen könne. „Wir müssen mehr denn je zusammenstehen“, beschwor Spahn seine Parteikollegen. Spahn will unter Laschet Stellvertreter werden.
Spahn begann seine Erklärung mit einer drastischen Beschreibung der Lage der CDU. Er sagte, seine Partei befinde sich „in der größten Krise unserer Geschichte“. Die CDU habe viel Vertrauen verspielt, es sei zu wenig über Inhalte gesprochen worden und zu viel über Personalfragen und über Unterschiede innerhalb der Partei. „Es bringt nichts, Kanzlerkandidat einer Partei zu sein, die auf die 15 Prozent zugeht“, erklärte er. Spahn sagte, er wolle nicht, dass Angela Merkel die letzte Kanzlerin der CDU bleibt.
Die CDU müsse für einen „weltoffenen Patriotismus“ stehen. „Grenzschutz und Klimaschutz“ würden auch gleichzeitig funktionieren.
„Wir müssen mehr denn je zusammenstehen“, sagte Spahn. Angesichts der öffentlichen Scharmützel innerhalb der CDU frage er sich, ob allen CDU-Mitgliedern klar sei, dass die Gegner außerhalb der CDU zu suchen seien.
Laschet kritisiert Friedrich Merz
Armin Laschet will dem gesellschaftlichen Auseinanderdriften in der Gesellschaft Einhalt gebieten. Aggressionen müssten abgebaut und der Zusammenhalt gestärkt werden, sagte er. „Unser Land braucht mehr Zusammenhalt. Wir können und müssen unsere Partei und unser Land wieder zusammenführen.“
Es brauche wieder eine Idee, wohin man das Land entwickeln wolle. Die CDU sei immer ein Stabilitätsanker für Europa und die Welt gewesen. „Deshalb wollen wir den Charakter als Volkspartei verteidigen“, sagte Laschet. Er wolle vor allem Wähler der Mitte für die Union gewinnen. Es sei wichtig, dass wir „diese Wähler an uns binden“, sagte er. „Da hat Friedrich Merz einen anderen Ansatz.“
In der vergangenen Woche hatte überraschend der CDU-Außenpolitiker und ehemalige Umweltminister Norbert Röttgen seine Kandidatur für den Parteivorsitz angekündigt. Merz hatte seinen Parteifreunden versprochen, das Wahlergebnis der AfD bei der nächsten Bundestagswahl zu „halbieren“.
Laschet sagte auf die Frage nach Röttgens Kandidatur, es gehe jetzt nicht um politische Theorien und Analysen, sondern um konkretes Regierungshandeln. Röttgen kündigte unterdessen auf Twitter an, die zweite Person in seinem Team werde eine Frau sein.
„Die Bundeskanzlerin hat verfolgt, dass alle im Gespräch waren“
Merkel war nach den Worten von Laschet nicht in die Suche nach einem neuen CDU-Vorsitzenden eingebunden. „Die Bundeskanzlerin hat verfolgt, dass alle im Gespräch waren, um einen Konsens zu suchen“, sagte Laschet. Über die gefundene Lösung „haben wir sie nicht unterrichtet“.
Gesundheitsminister Jens Spahn fügte hinzu: „Unser Angebot richtet sich nicht gegen Angela Merkel. Es geht hier nicht um einen Bruch, sondern darum, dass wir laufen lernen ohne Angela Merkel.“ Auf die Frage, ob er sich von Kanzlerin Merkel stärker abgrenzen werde, um Profil zu gewinnen, sagte Laschet: „Man gewinnt kein Profil, indem man sich abgrenzt.“
Und weiter: „Ich erkenne nicht den Sinn, sich von den 15 erfolgreichen Jahren abzugrenzen.“ Merkel habe das Amt 2005 mit fünf Millionen Arbeitslosen übernommen, danach die Weltfinanzkrise, die europäische Schuldenkrise und dann die Flüchtlingskrise bewältigt. „Jetzt stehen wir vor einer neuen Zeit.“
Der Ministerpräsident NRWs betonte eine „Null-Toleranz-Strategie“ gegenüber Kriminalität. Zugleich müsse Deutschland aber ein „liberales, weltoffenes Land bleiben“, sagte Laschet. „Das ist beides möglich.“
Gleichzeitig forderte er eine bessere Bildungspolitik, um den Aufstieg in der Gesellschaft zu unterstützen. Laschet will sich auch für die Industrie starkmachen. „Mein Plädoyer ist: Wir müssen Industrieland bleiben“, betonte er. Deutschland steige gleichzeitig aus Atom- und Kohlestrom aus. „Wenn uns das nicht gelingt, wird keiner in der Welt folgen.“ Eine neue Dynamik in der Energiewende sei möglich.
Laschet geht vom Verbleib von Merkel bis zum Ende ihrer Amtszeit im kommenden Jahr aus. Die Regierung sei gewählt bis September 2021. „Wir richten uns auf die Zeit danach aus“, sagte er. Er unterstrich, dass er als CDU-Vorsitzender auch den Anspruch hätte, Kanzlerkandidat der Union zu werden. Dies müsse dann aber von den Vorsitzenden von CDU und CSU entschieden werden.
Laschet absolvierte die „Ochsentour“
Zuvor hatte bereits vergangene Woche CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen seine Kandidatur bekannt gegeben.
Kramp-Karrenbauer hatte am Montag angekündigt, dass sich mögliche Kandidaten noch in dieser Woche erklären wollen. Mit den Bewerbungen Röttgens, Laschets und von Merz steht fest, dass die CDU erneut in einer Kampfkandidatur über ihren künftigen Parteivorsitz entscheiden wird.
Laschet hat in seiner Partei die berühmte „Ochsentour“ durch sämtliche Ebenen der Politik durchgezogen – vom Aachener Stadtrat über den Bundestag, das Europaparlament hin zum Düsseldorfer Landtag –, bis er 2017 Ministerpräsident in NRW wurde.
2020-02-25 13:48:00Z
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