Der nach der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen in die Kritik geratene CDU Landeschef Mike Mohring hat die Rückendeckung seiner Partei bekommen. Bei einer Sitzung des Landesvorstands stellte er am Donnerstagabend die Vertrauensfrage und wurde mit zwölf Ja-Stimmen bestätigt, wie Generalsekretär Raymond Walk im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb. Zwei Mitglieder des Landesvorstands stimmten gegen ihn.
Auch die Thüringer FDP hat ihrem Vorsitzenden Thomas Kemmerich das Vertrauen ausgesprochen.
Christian Lindner will im FDP-Parteivorstand am Freitag die Vertrauensfrage stellen . Er wolle weiterhin Parteichef bleiben, er brauche aber eine neue Legitimation nach den Ereignissen in Thüringen.
Zuvor hatte die FDP-Fraktion Thüringen angekündigt, sie werde einen Antrag auf Auflösung des Landtags zur Herbeiführung einer Neuwahl stellen. Der neue FDP-Ministerpräsident Thomas Kemmerich will sein Amt aufgeben . Bei einer Pressekonferenz sagte Kemmerich: „Der Rücktritt ist unumgänglich.“
Die Thüringer CDU gerät nach der Wahl von Kemmerich mithilfe der AfD massiv unter Druck. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte , der Vorgang in Thüringen sei „unverzeihlich“, er müsse „rückgängig gemacht“ werden.
Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer drohte den Parteifreunden in Erfurt mit Konsequenzen , falls sie mit dem neuen Regierungschef Thomas Kemmerich (FDP) zusammenarbeiten sollten. „Dieser Ministerpräsident hat keine parlamentarische Mehrheit, er muss sich immer auf der AfD abstützen“, sagte sie im ZDF. Insofern wäre eine Zusammenarbeit mit Kemmerich ein Verstoß gegen die Parteilinie, die jede Kooperation mit der AfD ausschließe - „mit den entsprechenden Folgen“.
Noch am Mittwochabend hatte Kramp-Karrenbauer FDP-Chef Lindner schwere Vorwürfe gemacht: Sie habe ihn gebeten, dass die FDP keinen eigenen Kandidaten aufstelle, aber "augenscheinlich" habe auch er keinen Durchgriff auf seinen Landesverband in Thüringen gehabt (siehe ZDF-Interview im Liveblog ).
Die Spitzen von Union und SPD im Bund wollen die Konsequenzen der umstrittenen Ministerpräsidentenwahl am Samstag in einem Koalitionsausschuss beraten.
Mehr zum Politbeben in Thüringen:
Thüringer Linke, SPD und Grüne setzen Kemmerich Frist Linke, SPD und Grüne in Thüringen haben dem Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) ein Ultimatum für einen Rücktritt gesetzt. Spitzenvertreter der drei Parteien forderten Kemmerich am Donnerstagabend dazu auf, sein Amt bis Sonntag niederzulegen. Die Botschaft sei: „Rücktritt - und zwar eine Aussage bis Ende Sonntag“, sagte Thüringens SPD-Chef Wolfgang Tiefensee in Erfurt. (dpa)
Mehrheit der Deutschen begrüßt Kemmerichs Rücktrittsankündigung Eine Mehrheit der Bundesbürger begrüßt einer Umfrage zufolge die Rücktrittsankündigung des Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich. 61 Prozent der Befragten in der Blitz-Umfrage für den ARD-„Deutschlandtrend“ halten den Schritt demnach für richtig. 24 Prozent finden es falsch, dass der FDP-Politiker am Donnerstag nach nur einem Tag im Amt seinen Rücktritt ankündigte. Infratest dimap befragte in dieser Sache nach ARD-Angaben am Donnerstag 1007 Menschen per Telefon. (dpa)
FDP erschüttert über „organisierten Hass“ Die Vorstandsmitglieder der Thüringer FDP zeigten sich in einer Mitteilung erschüttert über den „organisierten Hass in Form von Massenmails und Drohbriefen, der den Liberalen derzeit entgegenschlägt“. „Eine Zusammenarbeit mit den extremen Rändern stand für die FDP-Fraktion nie zur Debatte“, sagte Generalsekretär Robert-Martin Montag. Kemmerich versicherte der Mitteilung zufolge bei der Sitzung, sein politisches Engagement auch weiterhin in den Dienst der Thüringer Liberalen zu stellen. Der Vorstand des FDP-Landesverbandes Thüringen hatte ihrem Vorsitzenden Kemmerich zuvor sein Vertrauen ausgesprochen. (dpa)
Was sind jetzt die Optionen in Thüringen? Was auf den Rücktritt Thomas Kemmerichs folgen könnte. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Selten einmal haben sich in Deutschland seit 1949 die Dinge so überschlagen wie in dieser Woche in Thüringen. Nach der umstrittenen Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten am Mittwoch geht es nun am Donnerstag wieder um das Ende der freidemokratischen Ein-Mann-Regierung, die mit den Stimmen der CDU und der AfD ins Amt gekommen ist.
Tagesspiegel | Albert Funk
Thüringer Landräte fordern Rücktritt von Mohring Drei Thüringer CDU-Landräte haben den Rücktritt von Landespartei- und Fraktionschef Mike Mohring gefordert. Es handelt sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Donnerstag um Martina Schweinsburg (Landkreis Greiz), Andreas Heller (Saale-Holz-Land-Kreis) und Reinhard Krebs (Wartburgkreis). Krebs bestätigte diese Informationen aus CDU-Kreisen. Schweinsburg habe die Botschaft im Namen der drei Kommunalpolitiker an Mohring überbracht, sagte er.Der CDU-Landesvorstand dagegen hat Mohring nach Angaben des Thüringer Generalsekretärs der Partei, Raymond Walk, am Donnerstag das Vertrauen ausgesprochen. Dort sei er mit 12 Ja- zu 2 Nein-Stimmen als Vorsitzender bestätigt worden. (dpa)
Thüringer FDP spricht Kemmerich das Vertrauen aus Wie der MDR berichtet, steht der Vorstand der FDP Thüringen hinter Thomas Kemmerich. Auf einer dreistündigen Vorstandssitzung sei die Frage, ob die Thüringer FDP Kemmerich weiterhin unterstütze, einstimmig bejaht worden. Der MDR beruft sich auf eine Mitteilung der FDP. Die Thüringer FDP-Bundestagsabgeordnete Reginald Hanke soll demnach gesagt haben: "Thomas ist unser Freund und bleibt selbstverständlich unser Vorsitzender".
Lindner: "Möglichkeit zur Selbstkorrektur geben" Christian Lindner mahnt im Interview mit der ARD, man müsse in der politischen Krise "menschliche Maßstäbe bewahren". Thomas Kemmerich müsse man die "Möglichkeit zur Selbstkorrektur" geben.
Kemmerich sei von der Untersützung der AfD überrascht worden, sagte Lindner. Dass das Vorgehen der Thüringer FDP ein Fehler war, wollte Lindner im Interview nicht sagen.
93.000 Euro Gehalt für Thomas Kemmerich Dem FDP-Politiker Thomas Kemmerich stehen nach seiner umstrittenen Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten einem Medienbericht zufolge allein durch seinen Amtsantritt mindestens 93.000 Euro an Gehalt und Übergangsgeld zu. Wie Berechnungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Freitagsausgaben) ergaben, erhöht sich diese Summe mit jedem weiteren angebrochenem Monat im Amt.
Wie das RND unter Berufung auf einen Sprecher des Finanzministeriums in Erfurt berichtet, erhält Kemmerich allein durch seine Wahl am Mittwoch für den Februar seine vollen Bezüge als Ministerpräsident. Das Grundgehalt liegt demnach in Thüringen bei 16.617,74 Euro brutto im Monat, hinzu kommen eine Dienstaufwandsentschädigung von 766 Euro und ein Familienzuschlag in Höhe von 153 Euro. (AFP)
Thüringen-Wahl verschärft den Ton in Berlin Es ist in diesen Zeiten die Gretchen-Frage der CDU: Wie hält sie’s mit der AfD? Einige in der Berliner CDU-Fraktion freuten sich über die Wahl Kemmerichs als Ministerpräsident. Michael Müller und andere reagieren entsetzt.
Es ist in diesen Zeiten die Gretchen-Frage der CDU: Wie hält sie's mit der AfD? Stimmen werden lauter, die den Berliner Christdemokraten eine ungenügende Distanzierung zu den Rechtspopulisten vorwerfen - auch aus den eigenen Reihen. Ausgangspunkt waren die Geschehnisse in Thüringen, wo der FDP-Politiker T homas Kemmerich am Mittwoch auch mit den Stimmen der AfD, der FDP und der CDU zum Ministerpräsidenten gewählt worden war.
Tagesspiegel | Ronja Ringelstein
Rechtsprofessor wirft Kemmerich verfassungswidriges Verhalten vor "Der Potsdamer Rechtsprofessor Thorsten Ingo Schmidt wirft dem thüringischen Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) verfassungswidriges Verhalten vor, weil er offenbar keine Minister ernennen will. Die Thüringer Landesregierung bestehe laut Verfassung aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern, sie sei ein Kollegialorgan, sagte Schmidt dem Tagesspiegel. Der Ministerpräsident sei deshalb verpflichtet, ein Kabinett mit Minister zu bilden.
„Ernennt er jetzt keine Minister, auch wenn es sich um eine Übergangsphase handeln sollte, verstößt Kemmerich gegen den Artikel 70 der Landesverfassung“, sagte Schmidt dem Tagesspiegel. Die Geschäftsführung der vorherigen Regierung unter Bodo Ramelow habe mit der Wahl Kemmerichs geendet. Das ist offenbar auch die Rechtsauffassung in Erfurt, denn alle geschäftsführenden Minister haben ihre Ämter verlassen.
Die Ministerien werden jetzt von beamteten Staatsekretären geleitet. „Diese können insoweit aber keine Minister ersetzen“, sagte Schmidt. Er verwies darauf, dass Kemmerich im Moment als alleiniges Kabinettsmitglied mächtiger sei als alle anderen Ministerpräsidenten in Deutschland – und das in einem verfassungswidrigen Zustand. (Von Albert Funk)
AKK trifft Mohring Nach dem Debakel rund um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten berät CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer noch am Donnerstag in Erfurt mit der Landtagsfraktion und dem Landesvorstand ihrer Partei. Die Sitzung beginnt um 19 Uhr, wie die CDU-Fraktion im Erfurter Landtag mitteilte. Um 20.30 Uhr will Kramp-Karrenbauer gemeinsam mit dem CDU-Landes- und Fraktionschef Mike Mohring vor die Presse treten. (AFP)
Brandenburgs Kenia-Koalition plant Gespräch zu Thüringen Die Spitzen der Brandenburger Kenia-Koalition planen nach dem Wahl-Eklat in Thüringen ein gemeinsames Gespräch. Das kündigte Grünen-Landeschefin Julia Schmidt an. Sie forderte die CDU auf, sich von dem Vorgehen in Thüringen zu distanzieren. „Wir erwarten da eine klare Kante von unseren Koalitionspartnern“, sagte Schmidt am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb gebe es das Spitzengespräch an diesem Freitag. „Wir erwarten vor allem von der CDU, (...), dass es keinen Zweifel daran gibt, dass sowas wie in Thüringen bei uns in Brandenburg hier nicht passieren kann.“ Die Grüne Jugend Brandenburg machte „klare Kante“ der CDU zur Bedingung für die Fortsetzung der Kenia-Koalition.
Brandenburgs CDU-Landeschef Michael Stübgen und der Fraktionsvorsitzende Jan Redmann hatten Kemmerich am Mittwoch zur Wahl beglückwünscht. Am Donnerstag forderten sie seinen Rückzug. „Nach den eindeutigen Absagen von SPD und Grünen ist klar, dass Kemmerich sich nur auf eine parlamentarische Mehrheit durch die AfD stützen könnte. Dies schließt jede Beteiligung seitens der CDU aus, da es mit unseren Grundwerten nicht vereinbar ist.“ Der FDP-Politiker Kemmerich kündigte inzwischen seinen Rücktritt an. (dpa)
Nicht nur in Thüringen, sondern auch in Frankreich gab es in der jüngeren Geschichte einen politischen Dammbruch, der bis heute nachwirkt. 1998 passierte in der Region Rhône-Alpes etwas, das an die Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich durch Stimmen der AfD erinnert.
Tagesspiegel | Albrecht Meier
Walter-Borjans: Kemmerich darf nicht kommissarisch im Amt bleiben Die SPD fordert, dass Thüringens Ministerpräsident Thomas Kemmerich bereits vor Neuwahlen sein Amt aufgibt. Parteichef Norbert Walter-Borjans sagte am Donnerstag in Berlin, es könne "keine kommissarische Amtsführung eines Ministerpräsidenten geben, dem jede demokratische Legitimation fehlt und der vor allem mit Feinden der Demokratie ins Amt gekommen ist". Der SPD-Chef verwies darauf, dass Kemmerich am Mittwoch für seine Wahl auf Stimmen der AfD angewiesen war. Der FDP-Politiker kündigte am Donnerstag an, dass er Neuwahlen mit Hilfe einer Selbstauflösung des Landtages anstrebe. Er blieb aber im Amt. Für eine Selbstauflösung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Erfurter Landtag erforderlich. Die AfD als nach den Linken zweitgrößte Fraktion kündigte an, sie werde gegen einen Beschluss zur Auflösung stimmen. "Die Fraktion der AfD im Thüringer Landtag lehnt eine Selbstauflösung des Landtages ab", teilte ein Sprecher mit. "Mit einer Parlamentsauflösung und anschließenden Neuwahlen sowie der damit einhergehenden politischen Lähmung ist niemand geholfen."
Für eine Auflösung des Landtages müssten somit mindestens auch Teile der CDU-Fraktion stimmen. Diese wollte am Abend in Erfurt über das weitere Vorgehen beraten.
Walter-Borjans bezeichnete es erneut als Dammbruch, dass die CDU mit Stimmen der AfD Kemmerich zur Wahl verholfen hatte. Beim Treffen des Koalitionsausschusses von CDU, CSU und SPD am Samstagmittag solle es auch darum gehen, wie sichergestellt werden könne, "dass dieser Dammbruch so schnell wie möglich behoben wird". Der SPD-Chef forderte zudem, den Ostbeauftragten der Bundesregierung und CDU-Vizechef von Thüringen, Christian Hirte, zu entlassen. Dieser hatte Kemmerich zu seiner Wahl gratuliert. "Ich glaube, die Signale so gewertet zu haben, dass wir da nicht auf den größten Widerstand stoßen", sagte Walter-Borjans. (dpa)
Die FDP will mit der Auflösung des Landtages Neuwahlen in Thüringen erzwingen. Dass daraus ein eindeutiges Ergebnis folgt, ist Wunschdenken. Ein Kommentar.
Tagesspiegel
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