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Hart aber fair zu AKK-Rückzug: „Dann kann die AfD ihr Glück gar nicht fassen“ - WELT

Hart aber fair zu AKK-Rückzug: „Dann kann die AfD ihr Glück gar nicht fassen“ - WELT

Eine Überraschung jagt die andere: Nach dem Chaos in Thüringen will sich Annegret Kramp-Karrenbauer von der CDU-Spitze zurückziehen und verzichtet auf die Kanzlerkandidatur. Daher disponiert auch „Hart aber fair“ kurzfristig um. Thema ist nicht mehr – wie geplant – der Eklat in Thüringen, wo ein FDP-Politiker mithilfe der AfD ins Ministerpräsidentenamt gewählt wurde, sondern AKKs Rückzug. Das ursprüngliche Diskussionsthema kam trotzdem nicht zu kurz. In der Talkshow war diesmal alles wieder beim Alten: Frank Plasberg kehrte nach zwei Wochen Krankheitspause zurück, punktgenau zum neusten Showdown der Politik und mit viel Gesprächsstoff im Gepäck.

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In der Sendung diskutierten Norbert Röttgen (CDU, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses), Cem Özdemir (ehemaliger Bundesvorsitzender der Grünen) und Thomas Oppermann (SPD, Vizepräsident des Bundestages). Zu Gast waren außerdem Kristina Dunz (Journalistin und stellvertretende Leiterin des Parlamentsbüros der „Rheinischen Post“) und Marina Weisband (Psychologin und Publizistin). Für eine sachliche Analyse, hin und wieder in trockenem Akademikersprech, sorgte der Politikwissenschaftler Prof. Karl-Rudolf Korte. Ein Vertreter der FDP fehlte, die trotz geänderten Talkshowthemas an ein paar Stellen einstecken musste – ohne fairerweise Stellung nehmen zu können.

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Bei „Hart aber fair“ diskutieren die Gäste zum Thema: Jetzt auch die CDU – stürzt die nächste Regierungspartei ins Chaos?
Quelle: WDR/Dirk Borm

Die wunderliche Zahl des Abends

Dass AKK plötzlich hinschmeißt – auch für Norbert Röttgen war das ein Paukenschlag. „Ich selber war vollkommen überrascht, und ich habe in Berlin auch keinen getroffen, der nicht völlig überrascht war“, meint er. Jetzt sollen sich beim nächsten CDU-Parteitag die Personalfragen klären, so Kramp-Karrenbauer am Montag. Doch: Es sind noch ganze 297 Tage bis zum nächsten Parteitag der CDU, rechnet Plasberg in der Sendung vor. Eine langwierige Hängepartie? Röttgen hält das für keine gute Strategie: „Diese Frage muss deutlich vor der Sommerpause entschieden werden. Wir müssen das zügig angehen und keinen langen Kaugummi daraus ziehen.“

„Die Union sollte möglichst schnell diesen Prozess klären“, empfiehlt auch Oppermann, seine SPD hat bekanntlich schon Erfahrung mit zähen Vorsitzwahlen gesammelt. Plasberg kann sich einen Kommentar nicht verkneifen: „Wollen Sie so eine Casting-Tour vorschlagen, wie es die SPD hinter sich gebracht hat, so einen rollenden Kandidatenzirkus?“, flachst er in Richtung Oppermann.

Die Meinungsverschiedenheiten der Talkrunde

Kurze Zeit später kriegen sich Oppermann und Röttgen in die Haare. Oppermann ist der Meinung, dass für den Erfolg der AfD und für das schlechte Erscheinungsbild der Bundesregierung der Richtungsstreit in der Union verantwortlich sei. Spart dabei jedoch die Rolle der SPD am miserablen Image der GroKo aus. Das kann Röttgen nicht auf sich sitzen lassen. Was Oppermann sagt, sei „überhaupt nicht an den Fakten orientiert“, und wenn man im parteipolitischen Wettbewerb so agiere, „dann kann die AfD ihr Glück gar nicht fassen“, klagt er Oppermann an.

Trotzdem – den Richtungsstreit in der CDU gibt es: Wie hält es die Partei also mit rechts und links? Was das Fischen am rechten Rand angeht, ist Politikwissenschaftler Korte überzeugt: „Die Union hat insgesamt akzeptiert, dass das Kopieren von rechten Themen nicht funktioniert. Die größte Wende hat der bayerische Ministerpräsident vollzogen. Rechts weiter zu blinken ist durch bei der Union.“

Für CDUler Röttgen ist hingegen klar: Es muss eine Abgrenzung zu beiden Seiten geben, sowohl zur Werteunion als auch zur Linken, auch wenn das bei der Linkspartei manche in der Talkrunde anders sehen: „Die Linkspartei mag zwar den sympathischen, pragmatischen Ramelow haben. Aber sie ist eine Partei, die ihre Aufarbeitung mit ihrer diktatorischen Vergangenheit noch nicht einmal begonnen hat“, empört sich Röttgen. Er berichtet von der Überwachung durch den Verfassungsschutz, der fragwürdigen Außenpolitik und ist kaum mehr zu stoppen. „Sie haben jetzt den längsten Monolog gehabt in einer kompakten Sendung“, grätscht Plasberg schließlich wortgewandt dazwischen.

Der emotionalste Moment

Marina Weisband würde sich gerne auf eine klare Absage aller Parteien an die AfD verlassen. Die Publizistin und ehemalige Geschäftsführerin der Piratenpartei stammt aus einer jüdischen Familie. Ihr mache die Situation im Moment enorme Angst, sagt sie. Sie brauche die Gewissheit einer Sicherheit gegen rechts, auch von CDU und FDP.

„Ich bin beunruhigt, meine Familie und meine Freunde sind beunruhigt“, sagt Weisband. Plasberg hakt vorsichtig nach: Ob die Angst denn wirklich berechtigt sei, schließlich gehöre sie einer anderen Generation an als ihre Großeltern, und jetzt seien es doch andere Zeiten? Weisband wird emotional: „Nein. Was mich beruhigt hat, war die überwiegende Reaktion der Deutschen, die sofort gesagt haben: Das ist ein Tabubruch. Was mich auch beruhigt hat, war ein Markus Söder, der sich sofort hingestellt und gesagt hat: Da ist die Grenze. Was mich aber beunruhigt hat, ist ein Herr Lindner, der keine klare Trennung gezogen hat nach seinem ersten Auftritt nach der Wahl.“

Grünen-Politiker Özdemir sieht das ähnlich. Auch für ihn war die klare Haltung des bayerischen Ministerpräsidenten eine Überraschung und ebenfalls die von Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen. „Vielleicht ist das ein Hinweis in Richtung Zukunftsdebatte der Union, wohin die Reise gehen kann.“

Die ernüchterndste Feststellung

Noch ein anderes Thema beschäftigte die Journalistin Kristina Dunz, und zwar der anständige Umgang miteinander in der Politik: Schon am Anfang der Talkshow kritisierte sie das „Haifischbecken Berlin“, in dem vor allem ehemalige Landespolitiker regelrecht verschlissen werden. Wie eben Kramp-Karrenbauer, die laut Dunz „aus einem Bundesland mit mehr Herz und Anstand“ kommt, als es auf Bundesebene der Fall sei.

Später fügt sie in der Runde hinzu: „Es ist auch in anderen Parteien so, dass nicht zimperlich miteinander umgegangen wird. Menschlich finde ich die Politik schon lange nicht mehr. Freunde gibt es in der Politik nicht.“

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2020-02-11 06:54:00Z
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