Das Coronavirus breitet sich in Deutschland weiter aus: In Baden-Württemberg hat sich ein 25-Jähriger infiziert, in Nordrhein-Westfalen wurden zwei Fälle bestätigt. Ein Soldat wird als Kontaktperson des Erkrankten auf eine mögliche Infektion getestet. Die Untersuchung laufe am Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz, sagte eine Sprecherin am Mittwoch. Der Soldat hatte nach dpa-Informationen Kontakt zu dem Erkrankten auf einer Karnevalsveranstaltung.
Wer sind die Patienten, und wie geht es ihnen?
Der Zustand des ersten Coronavirus-Patienten in Nordrhein-Westfalen ist kritisch. Am Montag war der Mann mit Symptomen einer schweren Lungenentzündung in einem Krankenhaus in Erkelenz im Kreis Heinsberg bei Aachen aufgenommen und auf der Intensivstation isoliert worden. In der Nacht zu Mittwoch wurde er ins Uniklinikum Düsseldorf gebracht. Nach dpa-Informationen ist der Patient Mitte 40 und leidet an einer Vorerkrankung.
Nun hat NRW einen zweiten bestätigen Coronavirus-Fall – es handelt sich um die Ehefrau. Sie sei Kindergärtnerin, sagt der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Beide Patienten befänden sich in der Uniklinik Düsseldorf. Die beiden haben zwei schulpflichtige Kinder. Diese hätten derzeit allerdings keine Symptome und würden von der Großmutter versorgt, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf.
Die Infizierten hatten laut Landrat Stephan Pusch (CDU) in den vergangenen 10 bis 14 Tagen eine „unendliche Vielzahl von Kontakten“ zu anderen Menschen. Laut NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatten sie – bereits ansteckend – noch während der Karnevalszeit am gesellschaftlichen Leben teilgenommen. Pusch sagte am Mittwoch in Düsseldorf, es gehe jetzt darum, die „Infektionsketten zu unterbrechen“.
Noch in der vergangenen Woche ist der Mann in der Kölner Uniklinik behandelt worden. Nachdem das Gesundheitsamt am Dienstagabend darüber informiert worden sei, dass bei dem Mann das Coronavirus festgestellt worden sei, habe man ermittelt, wer mit dem Patienten in Kontakt gekommen sei. Ermittelt worden seien zehn Mitarbeitende der Uniklinik und 31 Patienten.
Eine Mitarbeiterin der Uniklinik zeigte Krankheitssymptome. Das Ergebnis des Coronavirus-Tests stehe bei ihr aber noch aus, sagte am Mittwoch der Direktor der Virologie der Uniklinik Köln, Florian Klein. Sie sei in der Uniklinik isoliert und werde gerade untersucht. Die Frau sei von sich aus in die Klinik gekommen und habe gesagt, sie fühle sich nicht gut.
Der erkrankte Mann aus NRW hatte laut Pusch Kontakt mit einem Bekannten, der sich geschäftlich in letzter Zeit in China aufgehalten habe. Das meldete die „Aachener Zeitung“. Ob sich dieser Mann auch in Behandlung begeben habe, konnte Pusch zunächst nicht sagen.
Bei dem Patienten aus Baden-Württemberg handelt es sich nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums vom Dienstag um einen 25-Jährigen aus dem Landkreis Göppingen. Er habe sich vermutlich während einer Italienreise in Mailand angesteckt. Der Patient sei nach seiner Rückkehr mit grippeähnlichen Symptomen erkrankt und habe Kontakt mit dem örtlichen Gesundheitsamt aufgenommen. Er sollte am Dienstagabend in einer Klinik isoliert untergebracht und behandelt werden. Er befindet sich in stabiler Verfassung
In Deutschland waren zuvor insgesamt 16 Coronavirus-Infektionen nachgewiesen worden, die meisten dieser Patienten wurden inzwischen wieder aus dem Krankenhaus entlassen. 14 der Fälle traten in Bayern auf. Bei den anderen beiden Fällen handelte es sich um China-Rückkehrer, die von der Bundesregierung ausgeflogen worden waren. Sie wurden in der Uniklinik in Frankfurt am Main behandelt und Mitte Februar entlassen.
Welche Maßnahmen werden ergriffen?
„Die zuständigen Behörden gehen den Fällen nun mit Hochdruck nach, um eine weitere Verbreitung des Coronavirus so gut es geht zu verhindern“, erklärte Laumann. Es sei nicht auszuschließen, dass es weitere Fälle im Land geben könne. „Aber unser Gesundheitswesen ist für solche Erkrankungen gut vorbereitet und aufgestellt.“
Sowohl in Baden-Württemberg als auch in NRW arbeiteten die Behörden unter Hochdruck daran, sämtliche Kontaktpersonen der Coronavirus-Patienten zu ermitteln, um eine weitere Ausbreitung des Erregers zu verhindern.
Der Kreis Heinsberg habe einen Krisenstab einberufen, der bereits erste Maßnahmen ergriffen habe. So bleiben die Schulen und Kindergärten im Kreisgebiet bis Montag geschlossen, in der Kreisverwaltung soll es keinen Publikumsverkehr geben.
Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) mahnte zur Besonnenheit. „Baden-Württemberg hat sich schon früh auf diesen Fall eingestellt. Alle beteiligten Stellen arbeiten eng und intensiv zusammen.“ Lucha wollte seinen Urlaub abbrechen und am Mittwoch die Presse informieren.
Vom Robert Koch-Institut (RKI) hieß es, Ziel in Deutschland sei es, eine Erkrankungswelle hinauszuzögern, um zu vermeiden, dass die Covid-19- und die derzeitige Grippewelle zusammenfallen.
Eine Sprecherin von DB Regio NRW sagte der Deutschen Presse-Agentur am frühen Mittwochmorgen, man sei „im ständigen Austausch“ mit den Behörden. Zu den möglichen Maßnahmen gegen eine Ausbreitung könne auch eine Einschränkung des öffentlichen Nahverkehrs gehören.
Sollten Behörden die Schließung eines Betriebs aufgrund des Coronavirus veranlassen, dann sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Beschäftigten weiterhin Lohn zu zahlen. Dies gilt “wenn die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, aber der Arbeitgeber sie aus Gründen nicht beschäftigen kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen”. Das bestätigte das Bundesarbeitsministerium (BMAS) auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland. Die ausgefallenen Arbeitszeiten müssten grundsätzlich nicht nachgearbeitet werden, sagte ein Sprecher.
Wenn Kindergärten oder Schulen als Vorsichtsmaßnahme gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus geschlossen bleiben, können Arbeitnehmer notfalls für die Kinderbetreuung daheim bleiben. Ob sie in dieser Zeit aber auch weiter ihr Gehalt bekommen, hängt davon ab, ob wirklich keine andere Betreuung möglich war, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln.
Wie schätzen Experten und Politiker die Lage ein?
Die Krankenhausgesellschaft sieht im Fall eines größeren Coronavirus-Ausbruchs in Deutschland eine mögliche Erkrankung des Personals als größte Herausforderung. Die Kliniken seien grundsätzlich gut gerüstet und auf eine Lage wie bei Grippewellen eingestellt, sagte Landesverbandsgeschäftsführer Matthias Einwag. Auch auf eine Isolation von Kranken seien sie vorbereitet. „Aber da es anders als bei der Grippe keine Impfung gegen das Virus gibt, bekommen wir ein Problem, wenn Ärzte und Schwestern erkranken.“ Dann werde auch der Mangel an Fachkräften noch stärker spürbar werden.
Angesichts der Ausbreitung in Europa und Deutschland spricht die Bundesregierung von einer „neuen Situation“. Das Virus sei deutlich nähergerückt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.
Weltweit hat sich die Corona-Epidemie inzwischen in fast 30 Ländern ausgebreitet, 80.000 Infektionen sind bekannt. Mehr als 2600 Menschen sind daran gestorben – die meisten von ihnen in China, dem Ursprung der Epidemie.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sieht den Kampf gegen das neue Coronavirus als europäische Aufgabe: „Die Fälle machen nicht an der Grenze halt“, sagte Laschet in der Online-Sendung „BILD Live“. Die Situation müsse man nun „europäisch gemeinsam lösen“, so Laschet.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte im ZDF, durch die Entwicklung in Italien habe sich eine neue Lage für Europa ergeben. Bisher gelinge es aber noch, jeden Einzelfall zu isolieren und Ansteckungsketten zu unterbrechen. Dies gelte es so lange wie möglich fortzusetzen. Es könne aber auch sein, dass „wir in den nächsten Tagen und Wochen in eine andere Lage kommen“. Für diesen „Fall der Fälle“ stehe Deutschland eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Verfügung.
Ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums sagte: „Wenn es erforderlich ist, können wichtige Grundrechte wie Freiheit der Person, Versammlungsfreiheit oder Unverletzlichkeit der Wohnung sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit eingeschränkt werden.“
Italien kämpft gegenwärtig gegen den größten Infektionsherd in Europa. Bis Dienstag wurden 322 Ansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus registriert, zehn Infizierte starben. Die meisten Infektionen wurden bislang in der nördlichen Region Lombardei verzeichnet. Am Dienstag breitete sich das Virus nach Behördenangaben weiter bis in die Toskana, nach Sizilien und Ligurien aus.
Trotz dieser Entwicklung beschlossen mehrere europäische Gesundheitsminister bei einem Krisentreffen in Rom, die Grenzen zu Italien vorerst offen zu lassen. Dies teilte der italienische Innenminister Roberto Speranza nach dem Gespräch mit seinen Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Österreich, Kroatien und der Schweiz in Rom mit. Eine Schließung der Grenzen „wäre ein Fehler und unverhältnismäßig“.
Spahn sagte nach dem Treffen: „Wir nehmen die Situation sehr, sehr ernst.“ Bei den nun in Europa aufgetretenen Fällen sei „nicht mehr jede Infektionskette nachvollziehbar“. „Das heißt, wir haben eine neue Lage, mit der wir umgehen müssen“, sagte Spahn weiter. Als er sich in Rom äußerte, waren die neuen Infektionsfälle in Deutschland offiziell noch nicht bekannt.
2020-02-26 14:00:00Z
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