Deutschlands Schüler verkennen ganz offensichtlich die Folgen der Digitalisierung für die eigene Zukunft. Fast die Hälfte der 15-Jährigen träumt von einem Beruf, den es angesichts der fortschreitenden Automatisierung schon bald nicht mehr geben könnte. Das ist eine Schlussfolgerung, die die OECD aus einer Pisa-Auswertung über die Berufsvorstellungen Jugendlicher im 21. Jahrhundert zieht.
Danach ist Deutschland stärker als andere Industrieländer vom Wandel durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz betroffen. Gefragt, welchen Beruf sie mit 30 Jahren ausüben werden, nennen die Jugendlichen aber zu 45 Prozent Berufe, die in den kommenden zehn bis 15 Jahren wegzufallen drohen, schreiben die Bildungsforscher der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Besonders die Jungen und Mädchen aus weniger gebildeten Elternhäusern scheinen sich über anstehende Veränderungen wenig Gedanken zu machen. So kommt es, dass diese Jugendlichen ihre Zukunft besonders häufig in etablierten Berufen sehen – Bürokauffrau und Sekretärin, Kfz- oder Industrie-Mechaniker stehen noch immer hoch im Kurs. Diese Berufe sind allerdings besonders vom Wandel betroffen oder werden gar komplett obsolet – genauso wie bestimmte Tätigkeiten von Anwälten und Steuerberatern oder im Einzelhandel.
Das ist der Platz eins bei den Jungen
Auf Platz eins der Liste von deutschen Jungen immerhin schafften es Berufe in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) mit knapp sieben Prozent der Nennungen. Es sei wichtig, Schülern frühzeitig ein Bild vom Wandel des Arbeitsmarkts zu vermitteln, folgert die OECD – sei es durch Praktika, Berufsberatung oder den Besuch von Jobmessen. Das immerhin finde heute deutlich häufiger statt als noch vor 20 Jahren.
Auch Branchenverbände machen seit Jahren deutlich, welche Qualifizierungen am Arbeitsmarkt dringend gesucht sind. Nach einer aktuellen Schätzung des Bitkom etwa sind in Deutschland rund 124.000 Stellen für IT-Spezialisten nicht besetzt. Schaut man auf die Berufspläne der Absolventen des Pisa-Tests, mit dem die OECD die Schulleistungen von 15-Jährigen in unterschiedlichen Ländern vergleicht, dürfte sich daran so schnell nichts ändern. Denn selbst unter dem besten Sechstel der Schüler in Mathematik und Naturwissenschaften sehen nur die wenigsten ihre Zukunft in diesem Feld.
Noch dazu zeigt sich bei den Berufsplänen die altbekannte Lücke zwischen den Geschlechtern. Während unter den Jungen immerhin jeder Fünfte Top-Performer auch eine Arbeit im Feld der Ingenieur- und Naturwissenschaften anstrebt, ist es bei den Mädchen nur jede Achte. Mädchen, die bei Pisa in Mathe und Naturwissenschaften gut abschnitten, peilten häufiger eine berufliche Zukunft im Gesundheitswesen an.
Soziale Herkunft bleibt bedeutend
Auffällig ist, dass sich in Deutschland offenbar weiterhin die soziale Herkunft besonders stark auf die eigenen Bildungsambitionen auswirkt. So strebt in Deutschland nur jeder dritte leistungsstarke Schüler mit weniger privilegierter Herkunft einen Hochschulabschluss an. Bei den Kindern aus gebildeten und vergleichsweise wohlhabenden Elternhäusern dagegen sind es fast drei Viertel. Nur in Polen und Ungarn ist die Schere ähnlich groß. Eine Besonderheit des deutschen Ausbildungssystems ist allerdings, dass auch eine duale Ausbildung mit der Kombination aus Berufsschule und Zeiten im Lehrbetrieb gute Karriereperspektiven bietet.
Über sämtliche 41 von der OECD untersuchten Länder lässt sich übrigens feststellen, dass sich der Blick der Jugendlichen in ihre Zukunft verengt hat. Etwa die Hälfte nennt einen von nur zehn besonders bekannten Berufen – darunter Lehrer, Ärztin, Rechtsanwalt oder Polizist.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz immerhin sind die beruflichen Ambitionen insgesamt deutlich diverser als im Durchschnitt. Es habe sich aber offenbar bewährt, dass Schulen frühzeitig Kontakte in der Arbeitswelt vermittelten. Auch hier hat es laut OECD aber seit dem Jahr 2000 eine Fokussierung gegeben. Vier von zehn Schülern nannten einen der zehn am häufigsten genannten Berufe.
Fokussierung sogar auf einzelne Arbeitgeber
Wie stark die Fokussierung sogar auf einzelne Arbeitgeber ist, zeigte zuletzt das repräsentative Trendence-Schülerbarometer. Das Institut aus Berlin hatte zuletzt im Sommer 2019 knapp 20.000 Schüler der Klassen 8 bis 13 nach ihren Wunscharbeitgebern befragt.
Traumarbeitgeber Nummer eins war erneut die Polizei. Sie hat im Vergleich zum Vorjahr sogar noch zugelegt und wird inzwischen von knapp 18 Prozent der Schüler im Land als einer von drei Arbeitgebern genannt, bei dem sie sich am ehesten bewerben würden. Auch die Bundeswehr, der Zoll und das Deutsche Rote Kreuz schafften es unter die Top Ten. So hat der öffentliche Sektor inzwischen die Automobilhersteller als beliebteste Branche unter Deutschlands Schülern abgelöst.
Eine Knappheit bei IT-Kräften übrigens prognostiziert auch Trendence. Noch nicht einmal fünf Prozent der deutschen Schüler nannten Informatik als den Bereich, der sie am meisten interessiert. Das war sogar noch ein Prozentpunkt weniger als im Schülerbarometer 2018.
2020-01-22 09:11:00Z
https://news.google.com/__i/rss/rd/articles/CBMiiQFodHRwczovL3d3dy53ZWx0LmRlL3dpcnRzY2hhZnQva2FycmllcmUvYmlsZHVuZy9hcnRpY2xlMjA1MjMyNDUzL09FQ0QtU3R1ZGllLURldXRzY2hsYW5kcy1TY2h1ZWxlci10cmFldW1lbi12b24tQmVydWZlbi1vaG5lLVp1a3VuZnQuaHRtbNIBiQFodHRwczovL2FtcC53ZWx0LmRlL3dpcnRzY2hhZnQva2FycmllcmUvYmlsZHVuZy9hcnRpY2xlMjA1MjMyNDUzL09FQ0QtU3R1ZGllLURldXRzY2hsYW5kcy1TY2h1ZWxlci10cmFldW1lbi12b24tQmVydWZlbi1vaG5lLVp1a3VuZnQuaHRtbA?oc=5
Lesen Sie später weiter >>>>
Bagikan Berita Ini
0 Response to "OECD-Studie: Deutschlands Schüler träumen von Berufen ohne Zukunft - WELT"
Post a Comment