Auf dem Weg zum Kohleausstieg haben die Bundesregierung und die vier Kohleländer einen Durchbruch geschafft. Sie einigten sich in der Nacht zum Donnerstag im Kanzleramt auf einen Abschaltplan für die klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke und viele weitere Details. Noch im Januar soll der Gesetzentwurf für den Kohleausstieg auf den Weg gebracht werden und bis Mitte des Jahres verabschiedet sein.
Deutschland soll bis spätestens 2038 aus der klimaschädlichen Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle aussteigen. Das hatte eine Kommission aus Politik, Wirtschaft und Klimaschützern vor einem Jahr entschieden. Die Kohleregionen sollen parallel insgesamt 40 Milliarden Euro für den Umbau ihrer Wirtschaft bekommen.
Außerdem werden Betreiber von Kohlekraftwerken Milliardenentschädigungen für das vorzeitige Abschalten ihrer Anlagen bekommen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte am Donnerstag in Berlin, Betreiber westdeutscher Kraftwerke erhielten 2,6 Milliarden Euro, Betreiber von Anlagen im Osten 1,75 Milliarden. Diese Summen gingen an Unternehmen, die ihre Meiler schon in den 20er-Jahren stilllegten. „Das verteilt sich etwa auf 15 Jahre – jeweils nach den Stilllegungen selbstverständlich.“ Das sei leistbar für den Staat.
Der erste Block eines Kohlekraftwerks soll bereits in diesem Jahr vom Netz gehen. Acht sehr alte und dreckige Blöcke würden schnell abgeschaltet, sagte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Donnerstag in Berlin. Alle acht werden von RWE im Rheinland betrieben, als erstes Abschaltdatum ist der 31.12.2020 genannt. „Der Kohleausstieg beginnt sofort, er ist verbindlich“, betonte Schulze. Wirtschaftsminister Peter Altmaier sprach von einer „guten Einigung für den Klimaschutz, die deutlich macht, dass wir es ernst meinen“.
Zeitplan für den Kohleausstieg:
Sachsen
Die ersten beiden Blöcke des sächsischen Kohlekraftwerks Boxberg gehen Ende 2029 vom Netz. Beim Kraftwerk Lippendorf südlich von Leipzig ist das Ausstiegsdatum auf Ende 2035 festgelegt. Der Rest in Boxberg folgt Ende 2038.
Brandenburg
Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in Brandenburg soll bis Ende 2028 vom Netz gehen.
Nordrhein-Westfalen:
RWE soll einen Block seiner Braunkohlekraftwerke im Rheinischen Revier abschalten. Bis Ende 2022 soll RWE schrittweise insgesamt sieben Braunkohleblöcke und eine Brikettfabrik stilllegen.
Abgeschaltet werden zunächst besonders alte Anlagen in den Kraftwerken Neurath, Niederaußem und Weisweiler, die zwischen 1959 und 1976 ans Netz gegangen sind.
Worauf sich Bundesregierung und die vier Länder geeinigt haben
Überprüfung: In den Jahren 2026 und 2029 soll im großen Stil überprüft werden, wie es mit dem Kohleausstieg läuft. Eine Frage soll dabei auch sein, ob Stilllegungsdaten nach 2030 um je drei Jahre vorgezogen werden können – damit vielleicht doch schon 2035 komplett Schluss ist.
Hambacher Forst: Der umkämpfte Wald in Nordrhein-Westfalen ist zum Symbol geworden für den Kampf deutscher Klimaschützer gegen die Kohlebranche. Der vorgesehene Pfad für den Kohleausstieg stellt sicher, dass der „Hambi bleibt“, wie die Demonstranten es gefordert haben – dagegen hatte RWE sich lange gewehrt.
Umsiedlungen: Beim Tagebau Garzweiler in NRW gibt es dagegen keine Änderung. Was die rot-grüne Landesregierung 2016 beschlossen hat, bleibt gültig – inklusive der Umsiedlung von Menschen, deren Dörfer dem Kohlebagger weichen sollen. Das sei notwendig für die Sicherheit der Energieversorgung, heißt es im Beschluss von Bund und Ländern.
Ökostrom: Zum heftig umkämpften Thema Ökostrom-Ausbau gab es zunächst keine Details – nur das Bekenntnis, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien entsprechend im Rahmen einer Gesetzesnovelle beschleunigt werden soll.
Gas: Zusätzliche Gaskraftwerkskapazitäten sollen an bisherigen Kraftwerksstandorten die wegfallende Energie ersetzen – zum Beispiel im brandenburgischen Jänschwalde. Weitere Orte dafür wurden zunächst nicht bekannt.
Anpassungsgeld: Beschäftigte in Braunkohle-Kraftwerken und -Tagebauen sowie in Steinkohle-Kraftwerken sollen bis 2043 von einem sogenannten Anpassungsgeld profitieren können. Wenn sie ihren Job verlieren, können sie damit die Zeit bis zum frühzeitigen Renteneintritt überbrücken. So etwas gibt es schon für den Steinkohle-Bergbau.
Geld für Strukturwandel: Für die Kohle-Regionen in den vier Ländern hatte der Bund schon Finanzhilfen und Investitionen von insgesamt 40 Milliarden Euro bis 2030 zugesagt, das wird im Strukturstärkungsgesetz festgeschrieben. Bis Mai 2020 soll es eine Bund-Länder-Vereinbarung dazu geben, die die Umsetzung regelt.
Stromkosten: Die Strompreise sollen über eine Absenkung der Ökostrom-Umlage gesenkt werden, wenn der CO-Preis ab 2021 Diesel, Benzin, Erdgas und Heizöl verteuert. Über eine Förderrichtlinie sollen zudem Unternehmen mit extra hoher Stromrechnung, die im internationalen Wettbewerb stehen, ab 2023 durch einen „jährlichen angemessenen Zuschuss“ entlastet werden.
Planung: Bayern hat bereits Bedenken angemeldet, dass längst geplante Bauprojekte auf der Strecke bleiben, wenn so viel Neues in den Kohle-Revieren entstehen soll. Nun verspricht die Bundesregierung, „zusätzliche Planungskapazitäten“ aufzubauen. Am Freitag kommen dem Vernehmen nach Vertreter der Koalitionsfraktionen und der Länder zusammen, um über Verkehrsprojekte zu verhandeln.
Projekte für Strukturwandel: Das Strukturstärkungsgesetz enthält bereits eine lange Liste von Vorhaben in den Kohle-Regionen – nun kommen noch welche dazu: Ein „Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus (IUC)“, je ein neues Helmholtz-Zentrum in der sächsischen Lausitz und im mitteldeutschen Revier sowie ein „Helmholtz-Cluster für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft“ in Jülich in NRW.
2020-01-16 10:00:00Z
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