Die Weltklimakonferenz in Madrid hat sich am Sonntag nach einer 40-stündigen Verlängerung auf einen Kompromiss geeinigt. In einer Abschlusserklärung erinnerte das Plenum nach zweiwöchigen Verhandlungen alle rund 200 Staaten an ihre Zusage, im nächsten Jahr ihre Klimaschutzziele für 2030 möglichst zu verschärfen.
Nach mehrfacher Verschiebung versammelten sich die Delegierten am Sonntagvormittag in der spanischen Hauptstadt, um die Beschlüsse der Konferenz abzusegnen. Zuvor hatten die mit Abstand längsten Verhandlungen bei einer Weltklimakonferenz stattgefunden. Beobachter hatten ein Scheitern der Verhandlungen zuletzt nicht mehr ausgeschlossen.
Gleich zu Beginn der Plenumssitzung hielt Brasilien die Beschlussfassung auf. Der Delegierte des südamerikanischen Landes forderte zunächst, aus dem Text zur Steigerung der Klimaschutzambitionen zwei Artikel mit Bezügen zur Landnutzung und zu Ozeanen zu streichen. Nachdem mehrere Länder sich dagegen wandten, erklärte der brasilianische Delegierte, er müsse „darauf bestehen“, dass die entsprechenden Artikel gestrichen werden.
Nach erneuten Wortmeldungen hielt der Brasilianer nur noch an der Streichung des Ozean-Artikels fest. Die Berücksichtigung der Meere beim Klimaschutz war allerdings ein Schwerpunkt der chilenischen Präsidentschaft. Nach erneuten Wortmeldungen lenkte Brasilien schließlich ein und akzeptierte den vorliegenden Text, so dass er verabschiedet werden konnte.
Streit um die Anrechnung von Klimaschutz-Gutschriften
Zudem gab es während der Sitzung am Sonntagmorgen einige Verwirrung. Einige der fast 200 Teilnehmerstaaten sprachen von technischen Problemen bei der Lektüre der Textentwürfe. Die chilenische Konferenzleitung musste mehrmals Erklärungen dazu abgeben, während Vertreter einiger Länder mehr Zeit forderten, um die Dokumente zu studieren. Offenbar gab es Internetprobleme.
Ziel des vier Jahre alten Pariser Klimaabkommens ist, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Dafür muss der Ausstoß von Treibhausgasen vor allem aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas in den kommenden Jahren drastisch sinken, bisher steigt er aber immer weiter.
Vorgesehen ist, dass 2020 die Staaten ihre nationalen Pläne für den Klimaschutz nachbessern – das sollte der Gipfel in Madrid vorbereiten. Heftig umstritten war, wie nachdrücklich die Länder in der Abschlusserklärung ermahnt werden sollen, ihre Zusagen einzuhalten. Der nächste UN-Klimagipfel findet im November 2020 in Glasgow statt.
Vertreter aus 196 Staaten und der EU hatten in Madrid zwei Wochen lang verhandelt. Im Vorjahr hatten sie in Polen ein Regelwerk für den internationalen Klimaschutz vereinbart, dabei aber einen Teil offen gelassen. Es geht dabei um den Handel mit Klimaschutz-Gutschriften.
Wenn ein Land seine Ziele beim Einsparen von Treibhausgasen übererfüllt, kann es solche Gutschriften verkaufen. Streit gab es vor allem mit Brasilien um die Art der Anrechnung – fast allen anderen Ländern war wichtig, dass nichts doppelt gezählt wird. Auch der Umgang mit Zertifikaten aus der Zeit vor dem Pariser Klimaabkommen war ein Knackpunkt. Strittig waren zudem Fragen rund um Finanzhilfen der reicheren Länder für die ärmeren.
Kritik von Umweltorganisationen
Die Umweltschutzverbände Greenpeace und WWF sehen die internationalen Bemühungen für mehr Klimaschutz nach dem Abschluss der UN-Klimakonferenz in Madrid in einer tiefen Krise. „Diese Klimaschutzkonferenz war ein Angriff auf das Herz des Pariser Abkommens“, sagte Martin Kaiser von Greenpeace einer Mitteilung zufolge am Sonntag. Sie verrate alle Menschen, die weltweit längst unter den Folgen der Klimakrise litten und nach schnellen Fortschritten riefen. „Die zynische Gier der fossilen Industrie hat den gemeinsamen, multilateralen Kampf gegen die unübersehbare Klimakrise in ihre tiefste Krise gestürzt“, erklärte er. Zudem habe die Politik von US-Präsident Donald Trump und des brasilianischen Staatsoberhauptes Jair Bolsonaro zu einer handfesten Blockade beigetragen.
Die Umweltschutzorganisation WWF bezeichnete die Beschlüsse als „so müde wie die Delegierten nach zwei durchverhandelten Nächten“ und betonte, die Konferenz sei „ein gruseliger Fehlstart in das für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens so entscheidende Jahr 2020“. WWF-Klimachef Michael Schäfer sagte: „Jetzt erst recht! Jetzt kommt es darauf an, dass wir Ursula von der Leyens Mondrakete zünden, also den EU-Klimabeitrag deutlich anheben und den Funken auf andere überspringen lassen.“ Die Bundesregierung dürfe beim Klimaschutz in Europa nicht weiter „auf der Bremse stehen“.
2019-12-15 10:07:00Z
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