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BER: Was den neuen Eröffnungstermin noch verhindern könnte - WELT

BER: Was den neuen Eröffnungstermin noch verhindern könnte - WELT

Die Geschichte des unfertigen Flughafens BER ist nicht nur eine endlose Aneinanderreihung milliardenschwerer Baumängel und Planungsfehler. Sie ist auch eine Geschichte der nicht gehaltenen Eröffnungs-Versprechen. Seit dem ersten Spatenstich für das Großprojekt im September 2006 verkündete die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) insgesamt sechs Starttermine. Keiner wurde eingehalten.

Am heutigen Freitag soll alles anders sein. Auf einer Sitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft soll ein neuer Eröffnungstermin des BER festgelegt und ab 17 Uhr bekannt gegeben werden. Zum siebten und dann wohl letzten Mal. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hatte bereits vor einigen Monaten den Oktober 2020 genannt. Medienberichte der vergangen Tage deuten darauf hin, dass es an einem der letzten beiden Oktober-Wochenenden soweit sein könnte, also nach Beginn des Winterflugplans.

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Ende Oktober 2020: Das bedeutet neun Jahre Verspätung – der erste geplante Eröffnungstermin war der 30. Oktober 2011. Und vier Milliarden Euro Mehrkosten – die ursprüngliche Kalkulation belief sich auf zwei Milliarden Euro. Vor allem technische Mängel beim Brandschutz des Hauptterminals hatten das Projekt immer wieder krachend scheitern lassen.

Den letzten Aufschub musste der damalige Flughafenchef Karsten Mühlenfeld im Januar 2017 verkünden, als klar wurde, dass Brandschutztüren und Meldesysteme nicht funktionieren und es aus vielen Sprinklerleitungen bei Probeläufen nur tröpfelte. Der Wasserdruck war zu gering.

Lütke Daldrup räumt auf

Sein Nachfolger Lütke Daldrup übernahm das Ruder im März desselben Jahres. Der heute 63-jährige Manager verbrachte erst einmal monatelang damit, alle Mängel aufzulisten. Er brachte Ordnung in die Baustelle, so gut es angesichts fehlender Planungsunterlagen ging. Viele Dokumente waren nie richtig angefertigt worden oder verloren gegangen, als die Planungsgruppe um die Firma gmp des Architekten Meinhard von Gerkan rausgeworfen worden war. Und Lütke Daldrup verhandelte Verträge mit entscheidenden Baufirmen neu, wie etwa Bosch oder der Stuttgarter Technikfirma ROM, die auf Tage- oder Stundenbasis immer wieder an neuen Mängeln herumgeschraubt hatten. Erstmals gab es relevante Vertragsstrafen.

Dann legte Lütke Daldrup vor zwei Jahren den Herbst 2020 als Eröffnungstermin fest. Damals ging man noch von mindestens einem halben Jahr Puffer aus, sogar eine Eröffnung vor dem Sommer 2020 schien möglich. Doch die Geschichte wiederholt sich, und so sind erneut die meisten zeitlichen Puffer an der BER-Baustelle aufgebraucht, der Zeitplan ist wieder einmal knapp, und die ersten Versprechen wurden auch schon wieder gebrochen.

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Im Gespräch mit WELT etwa hatte Lütke Daldrup gerade erst im Oktober gesagt: „Die restlichen Kabelmängel sollen noch in diesem Jahr abgearbeitet werden.“ Inzwischen steht fest, dass das nicht zu schaffen sein wird. An manchen Stellen herrscht noch zu viel Durcheinander. So hat die Firma ROM etwa Notstromleitungen in die gleichen Kabeltrassen gelegt wie die Standard-Stromleitungen. Würde also ein Kabelkanal durchschmoren, fallen beide Systeme aus. Die Reparaturen dürften sich noch bis Februar hinziehen, die Baufertigstellungsanzeige (die eigentlich noch in diesem Jahr erfolgen sollte), kommt also erst im Frühjahr 2020 zustande.

Das zweite Problem: An der Schnittstelle zwischen dem unterirdischen Bahnhof und dem Hauptterminal arbeiten die Brandschutzanlagen noch nicht so zusammen wie sie sollen, die Entrauchung funktioniert nicht richtig. Hier muss noch nachgebessert werden. An anderer Stelle werden noch Motoren für so genannte Rauchschürzen ausgetauscht – das sind Vorhänge, die im Brandfall aus der Decke fahren und Verwirbelungen verhindern sollen.

Man ist zuversichtlich

Beide technischen Mängel werden aktuell bearbeitet und sollen in den nächsten Wochen beseitigt sein. Doch das ist nicht alles. Neben dem Hauptterminal entsteht ein zweites Terminal T2, das zusätzlich Abfertigungskapazitäten für sechs Millionen Passagiere pro Jahr bieten soll, neben den 26 bis 28 Millionen im T1. Die FBB war stets davon ausgegangen, dass der Generalunternehmer Zech Group das T2 zur Flughafen-Eröffnung fertigstellen kann. Inzwischen wurde das Versprechen wieder abgeräumt. Das T2 sei für den Betriebsstart auch gar nicht nötig, heißt es jetzt.

Dann gibt es auch noch einiges an Bürokratie abzuarbeiten. Bestimmte bautechnische Lösungen müssen noch zertifiziert werden. Dass besondere Lösungen etwa für Kabelaufhängungen gefunden werden, ist bei einem Infrastrukturprojekt in dieser Größenordnung nicht ungewöhnlich. Häufig werden bestimmte Teile nach einer bestimmten Norm eingebaut – im Falle des BER handelt es sich um Metalldübel in Kombination mit bestimmten Aufhängesystemen – die dann so nicht mehr zugelassen sind. Die Flughafengesellschaft hat inzwischen aber fast alle nachträglichen Genehmigungen bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde im Landkreis Dahme-Spreewald beisammen.

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Man ist also zuversichtlich. Es sind zwar noch viele hundert Mängel zu beseitigen, doch Lütke Daldrup betonte in den vergangenen Wochen stets, dass es keinen „Showstopper“ mehr geben, also keinen Mangel, der die Eröffnung ernsthaft gefährden könnte. Der TÜV allerdings warnt regelmäßig davor, dass noch viel abzuarbeiten ist. Ein Restrisiko bleibt also bestehen. Am Freitag wollen Vertreter des TÜV Rheinland dem Aufsichtsrat auch berichten, wie weit die Fachleute mit der Prüfung der brandschutzrelevanten Arbeiten sind und wie lange sie noch dauern.

Immerhin wurden die wichtigsten Wirk-Prinzip-Prüfungen, also das Zusammenspiel aller zentralen Brandschutzsysteme aus Warnmelde- und Signalanlagen, Entrauchung und Brandschutztüren im Juli erfolgreich getestet und vom TÜV abgenommen, außer jene am unterirdischen Bahnhof. So weit war der Flughafen noch nie.

Der Berliner „Tagesspiegel“ jedoch berichtete zu Beginn dieser Woche aus einem vertraulichen TÜV-Bericht, wonach die Lage angespannter sei als erwartet. Die noch offenen Prüfungen könnten „frühestens Ende Februar 2020“ beendet sein. Die Flughafengesellschaft sei „äußerst unzufrieden mit dem Verlauf und Fortschritt der Prüfaktivitäten“, zitierte die Zeitung aus dem Papier. Flughafengesellschaft und die Bundesregierung, die neben Berlin und Brandenburg ebenfalls an der FBB beteiligt ist, bemühten sich, zu beschwichtigen.

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Sollte die Baustelle tatsächlich im Frühjahr fertig werden, beginnt die schrittweise Inbetriebnahme des Flughafens. Die Mitarbeiter werden geschult und mit den neuen Gebäuden und Anlagen vertraut gemacht. Im Spätsommer kommen einige tausende Komparsen zum Einsatz, die mit Koffern und mit möglichst realistischen Problemlagen den Flughafen ausprobieren.

Der Umzug wird dann nicht in einem Rutsch stattfinden, so wie es frühere Flughafenmanager geplant hatten. Sondern in einem Zeitfenster von zwei Wochen. Zunächst zieht die Lufthansa um, später dann der zweite wichtige FBB-Kunde Easyjet.

Was es nicht zur Eröffnung geben wird, hat Lütke Daldrup allerdings auch schon festgelegt. Eine große Party. Die Öffentlichkeit wolle einen fertigen Flughafen und nicht auch noch eine neunjährige Verzögerung feiern, heißt es.

Ein Überblick über den neunjährigen Aufschub des BER:

Januar 1992: Beginn der Planungen für den Flughafen.

September 2006: Erster Spatenstich. Der 30. Oktober 2011 wird als Eröffnungstermin festgelegt.

ARCHIV - 05.09.2006, Brandenburg, Schönefeld: Mit einem symbolischen Spatenstich nahe dem Flughafen Berlin-Schönefeld bei Berlin geben am 05.09.2006 (l-r) der Sprecher der Geschäftsführung des BBI Rainer Schwarz, Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) den Startschuss für den Bau des neuen Hauptstadtflughafen. (zu "Flughafen-Chef will neuen Eröffnungstermin für BER verkünden") Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Spatenstich (v.l.n.r.): BER-Chef Rainer Schwarz, Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platz...eck (SPD)
Quelle: dpa

Juni 2010: Unter anderem wegen der Pleite einer Planungsfirma wird die Eröffnung auf den 3. Juni 2012 verschoben.

Mai 2012: Vier Wochen vor dem Termin wird wegen Problemen mit der Brandschutzanlage die Eröffnung abgesagt. Wenige Tage später wird der 17. März 2013 als neues Datum für die Inbetriebnahme genannt.

September 2012: Eine Analyse des Technikchefs Horst Amann ergibt zahlreiche Mängel über den Brandschutz hinaus. Der Aufsichtsrat verschiebt die Eröffnung auf den 27. Oktober 2013.

Januar 2013: Auch der Termin 27. Oktober platzt, Amann führt inzwischen eine Liste mit Zehntausenden Baumängeln. Die Eröffnung wird auf unbestimmte Zeit verschoben.

Dezember 2014: Auf Vorschlag von Flughafenchef Hartmut Mehdorn beschließt der Aufsichtsrat einen Zeitplan mit Ziel einer Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017. Baulich soll das Milliardenprojekt im März 2016 fertig sein.

August 2015: Der neue Flughafenchef Karsten Mühlenfeld räumt ein, die Baufertigstellung werde nicht bis März 2016 gelingen. Grund sei die Insolvenz des Gebäudetechnikausrüsters Imtech Deutschland.

März 2016: Der Flughafen muss umfangreiche Genehmigungsunterlagen an mehreren Stellen nachbessern, möglicherweise auch noch mehr umbauen. Das ergibt sich aus Nachforderungen des Bauordnungsamts.

Januar 2017: Mühlenfeld verschiebt die Eröffnung ins Jahr 2018. Auf der Baustelle gab es immer wieder neue Probleme, darunter Türen, die sich nicht steuern lassen, und Sprinkler, aus denen es nur tröpfelt.

Dezember 2017: Der Aufsichtsrat und der neue Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup verständigen sich darauf, den Flughafen im Oktober 2020 in Betrieb zu nehmen. Tegel soll dann schließen, das alte Schönefelder Terminal vorübergehend in Betrieb bleiben.

September 2019: Nach TÜV-Prüfungen bekräftigen Aufsichtsrat und Vorstand den Zeitplan. Lütke Daldrup: „Wir haben viele Detailthemen, aber einen echten Showstopper haben wir nicht.“

29. November 2019: Flughafenchef Lütke Daldrup will ein konkretes Eröffnungsdatum nennen.

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2019-11-29 10:52:00Z
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