Meint US-Präsident Donald Trump (73) seine Drohungen gegen die Türkei wirklich ernst? Oder ist das nur Show?
Seine Ankündigung, die US-Truppen an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei abzuziehen, hat gestern eine bisher nicht erlebte Welle der Kritik in der eigenen Partei ausgelöst.
Selbst seine beiden mächtigsten Alliierten im US-Senat haben seine Politik scharf attackiert. Diese würde Amerikas Führungsposition in der Welt schwächen und neben dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (65) auch feindlichen Despoten und Regimen in die Hände spielen: Kreml-Chef Wladimir Putin (67), den Mullahs im Iran, Syriens Schlächter Bashar al-Assad (54) und der Terror-Miliz ISIS.
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Trump hatte die Woche einmal mehr mit einem Paukenschlag begonnen, der rund um die Welt zu hören war. Erst sprach er von „lächerlichen Kriegen“ im Nahen Osten. Dann verkündete er, dass er die US-Truppen, die an der syrisch-türkischen Grenze die Kurden unterstützen, abziehen werde. Schließlich drohte er, die Wirtschaft der Türkei total zu zerstören, wenn Erdogan kurdische Kämpfer in Syrien angreifen würde.
Erste Luftangriffe der Türkei in Syrien
„Wenn die Türkei irgendetwas unternimmt, was ich in meiner großartigen und unvergleichlichen Weisheit für tabu halte, werde ich die türkische Wirtschaft vollständig zerstören und auslöschen (das habe ich schon mal gemacht!)“, twitterte er, nachdem seine Entscheidung Washington D.C. auf den Kopf gestellt und Amerikas Alliierte in Europa und im Nahen Osten in Alarmbereitschaft versetzt hatte.
Was er genau mit dem Tweet meinte und wo er die rote Linie für die Türkei sieht, ließ Trump offen. Fakt ist: Schon in der Nacht zum Dienstag gab es erste Luftangriffe der Türkei auf kurdische YPG-Truppen. Auf der Seite der YPG gab es dabei mindestens fünf Tote.
Und die Botschaft aus Ankara ist unmissverständlich: Das türkische Militär hat „alle Vorbereitungen für eine Offensive abgeschlossen“, hieß es in den frühen Morgenstunden. Die Türkei sei entschlossen, Terroristen östlich des Euphrat-Flusses zu vertreiben, um das eigene Überleben zu sichern und eine sichere Zone einzurichten, zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu am frühen Dienstagmorgen den Sprecher des Außenministeriums, Hami Aksoy.
Ziel der Türkei ist es, in Nordsyrien entlang der Grenze zur Türkei eine Zone unter ihrer eigenen Kontrolle einzurichten. Die Türkei nennt sie wahlweise „Sicherheitszone“ oder „Friedenszone“. Die Zone soll 30 Kilometer tief sein und sich ab dem Euphrat nach Osten bis an die irakische Grenze erstrecken.
Angesichts des drohenden türkischen Einmarsches steht Trump massiv in der Kritik. Dem US-Präsidenten wird vorgeworfen, die Kurdenmilizen in Nordsyrien im Stich zu lassen.
Leere Drohung gegen Erdogan?
Trumps Drohung an Erdogan, die Wirtschaft der Türkei zu zerstören, ist derweil nicht so leicht zu realisieren, wie er es auf Twitter klingen lässt. Denn das Handelsvolumen der beiden Länder ist eher klein. Die USA exportieren Waren im Wert von rund zehn Milliarden Dollar und importieren Güter im selben Wert. Strafzölle würden die Türkei also nur sehr begrenzt treffen.
Die USA könnten andere wichtige Handelspartner Ankaras bedrängen, Sanktionen gegen die Türkei zu verhängen. Allen voran Deutschland, Großbritannien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder den Irak. Doch spätestens bei Erdogans wichtigsten Import-Partnern dürfte der New Yorker auf taube Ohren stoßen – denn das sind China, Russland oder auch der Iran.
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Kein Wunder also, dass seine Kritiker gestern nicht überzeugt waren, dass Trump genug Druckmittel hat, um Erdogan von einem Angriff auf die Kurden abzuhalten. So fragte die „New York Times“ in einem Kommentar: „Weiß Trump, was seine Syrien-Politik ist?“ Seine Entscheidung habe das Vertrauen von Amerikas Alliierten erschüttert und würde das Leben unzähliger Menschen in Gefahr bringen.
Abgesehen davon würde das Weiße Haus widersprüchliche Signale aussenden. Trump habe nach einem Telefonat mit Erdogan vollkommen impulsiv gehandelt und nicht nur den US-Kongress im Dunkeln gelassen, sondern auch Offizielle im Pentagon und im Außenministerium.
Die „Washington Post“ malte sich derweil die Konsequenzen der Entscheidung aus: Die Kurden würden sich von den USA betrogen fühlen und könnten ihren Kampf gegen ISIS einstellen, um sich auf einen blutigen Konflikt mit der Türkei vorzubereiten, argwöhnt die Zeitung.
Bleibt abzuwarten, ob er sich einmal mehr überzeugen lassen wird, seine Syrien-Politik zu revidieren. Er hatte bereits im vergangenen Jahr spontan angekündigt, alle US-Truppen aus dem Krisenland abzuziehen und damit den Rücktritt von US-Verteidigungsminister James Mattis provoziert. Erst auf Druck der Republikaner hatte Trump dann doch Truppen im Land gelassen.
Sturm der Kritik
Besonders massiv ist der Sturm der Kritik aus den eigenen Reihen. Vor allem der konservative Senator Lindsey Graham (64, South Carolina), der ansonsten zu den lautstärksten Trump-Unterstützen im Kongress gehört, twitterte sich in Rage.
„Unsere kurdischen Alliierten im Stich zu lassen und Syrien an Russland, Iran und die Türkei zu übergeben, wird alle radikalen Islamisten mit Anabolika dopen. Ein Schuss in den Arm der bösen Kerle“, warnte er. Oder: „Dies ist GENAU das, was Präsident Obama im Irak getan hat – mit noch katastrophaleren Konsequenzen für unsere nationale Sicherheit.“
Wie verärgert der Republikaner über Trumps spontane Entscheidung ist – er hatte den Abzug mitten in der Nacht nach einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Erdogan getwittert – zeigten jedoch diese Worte von Graham: „Es ist kurzsichtig und unverantwortlich.“ Trumps Behauptung, dass ISIS besiegt sei, sei die „größte Lüge dieser Administration“.
Senats-Sprecher Mitch McConnell (77), der für Trump die Republikaner im Senat zusammenhält, holte ebenfalls zu ungewöhnlich klarer Kritik aus. „Amerikas Interessen sind am besten durch amerikanische Führung gedient – nicht durch Rück- und Abzug.“ Er erinnerte den Präsidenten außerdem daran, dass der Kongress erst im Januar dafür gestimmt hatte, die Truppen in Syrien zu lassen.
Auch viele andere Republikaner gingen auf Distanz zu ihrem Commander-in-Chief. Beispiele:
● Die Abgeordnete Liz Cheney (Wyoming, Tochter von Ex-Vize Dick Cheney): „Ein katastrophaler Fehler.“
● Senator Marco Rubio (Florida): „Ein schwerer Fehler, der Konsequenzen weit über Syrien hinaus haben wird.“
● Senator Mitt Romney (Utah): „Die Entscheidung des Präsidenten, unsere kurdischen Alliierten im Angesicht einer türkischen Attacke im Stich zu lassen, ist ein Verrat.“
● Trumps frühere UN-Botschafterin Nikki Haley: „Die Kurden waren bei unserem erfolgreichen Kampf gegen ISIS in Syrien instrumental. Sie zurückzulassen, um zu sterben, ist ein großer Fehler.“ Sie fügte den Hashtag an: #TurkeyIsNotOurFriend”(deutsch: Die Türkei ist nicht unser Freund).
2019-10-08 07:55:00Z
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