Nach der tödlichen Attacke auf eine Frau in Göttingen ist eine zweite Frau ihren schweren Verletzungen erlegen. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Samstag bei einer Pressekonferenz in Göttingen mit.
Der mutmaßliche Täter soll am Donnerstag eine 44 Jahre alte Bekannte in der Universitätsstadt auf der Straße getötet haben, „in abscheulicher Art und mit außergewöhnlicher Gewaltanwendung“, wie die Polizei sagte. Das zweite Opfer, eine 57 Jahre alte Frau, hatte dem Opfer helfen wollen und war dabei von dem mutmaßlichen Täter ebenfalls schwer verletzt worden. Zwei weitere Menschen wurden bei dem Vorfalls leicht verletzt.
Den Ausführungen während der Pressekonferenz zufolge hatte der Deutsche seiner Bekannten in der Nähe ihres Arbeitsplatzes aufgelauert, sie niedergeschlagen und mithilfe eines Brandbeschleunigers angezündet. Anschließend habe er sie – und dann auch die 57-Jährige – mit einem Messer verletzt.
Als Menschen unter anderem mit einem Feuerlöscher zur Hilfe eilten, habe er diesen entrissen und damit der 44-Jährigen auf den Kopf geschlagen. Dass es sich bei der Frau um die Lebensgefährtin des Tatverdächtigen handelte, bestätigte die Polizei nicht. Vielmehr gehe man davon aus, dass sich der 52-Jährige mehr als eine Bekanntschaft mit dem Opfer erhofft habe. Die beiden Frauen waren demnach Arbeitskolleginnen.
Couragierte Zugbegleiterin erkannte den Verdächtigen
Nach der Tat war der Mann auf einem Fahrrad mit Packtaschen geflohen. Erst nach etwa 34 Stunden auf der Flucht hatte die Polizei den 52 Jahre alten Mann am Freitagabend vor einem Schnellrestaurant in der Göttinger Innenstadt fassen können. Ein Zeuge hatte den Tatverdächtigen gegen 22.50 Uhr erkannt und die Beamten alarmiert. Polizisten überwältigten den Mann und nahmen ihn fest.
Die Fahndung nach ihm hielt am Freitag die Region zwischen Göttingen und Hannover in Atem. Schon am Donnerstagabend hatte die Polizei den Göttinger Bahnhof sperren lassen. Mehrere Fernzüge wurden umgeleitet. Die Polizei war an mehreren Orten mit 200 Beamten im Einsatz. Auch Hunde und Hubschrauber waren eingesetzt worden. Die Polizei suchte öffentlich mit zwei Fotos nach dem mutmaßlichen Täter, der in der Vergangenheit wegen drei Vergewaltigungen verurteilt worden war, und hatte davor gewarnt, ihn anzusprechen. Sie waren davon ausgegangen, dass er noch immer bewaffnet sein könnte.
Frühmorgens am Freitag wollten ihn schließlich Zeugen in einem Nahverkehrszug Richtung Hannover erkannt haben, der deshalb in Elze bei Hildesheim gestoppt wurde. Auch eine Zugbegleiterin identifizierte nach Angaben der Polizei am Samstag den Tatverdächtigen und lotste nach und nach die Passagiere aus dem betreffenden Wagen. Anschließend rief sie die Polizei und schloss geistesgegenwärtig den Wagen ab. „Leider ist dann irgendwann dem Täter die Gesamtsituation so spanisch vorgekommen, dass er dann mit dem Nothammer die Scheibe eingeschlagen hat“, erläuterte der Polizeichef aus Göttingen, Thomas Rath. Der Mann flüchtete zu Fuß.
Versuche, zwei Hubschrauber zu alarmieren, scheiterten wegen strömenden Regens. Erst in Hannover sei der Täter dann wieder aufgetaucht, dort habe er sich im Laufe des Freitags bei einem Anwalt gemeldet und um rechtlichen Beistand gebeten. Der Anwalt habe dies abgelehnt und die Polizei informiert.
Widerstand bei der Festnahme
In einem Schnellrestaurant in Göttingen sei der Flüchtige dann am Freitagabend von Bürgern erkannt worden. Dort nahmen Beamte den Mann fest, der erheblichen Widerstand leistete. Rath sprach von „zweieinhalb Tagen, die wir nicht vergessen werden“. „Es ist ein mulmiges Gefühl, wenn ein mutmaßlicher Doppelmörder frei rumläuft“, sagte er am Rande einer Pressekonferenz.
„Umso größer war die Erleichterung, als wir ihn dann am Freitagabend endlich festgenommen haben.“ Sowohl für diese Bürger als auch für die Zugbegleiterin drückte Rath seinen Respekt aus.
Zwischenzeitlich hatte sich der Tatverdächtige immer wieder bei der Polizei gemeldet und nach dem Befinden der 44-Jährigen gefragt. Außerdem habe er Verhandlungsgespräche mit den Beamten über den Notruf 110 geführt. Der Verdächtige sei „aalglatt“ aufgetreten, schilderten die Ermittler. Während der Flucht habe er sich unauffällig verhalten und unter anderem freundlich Passanten gefragt, ob er sich ein Handy leihen könne, um zu Hause anzurufen.
Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue berichtete, dass der Tatverdächtige am Samstagmorgen dem Haftrichter vorgeführt worden sein. Die Staatsanwaltschaft Göttingen habe Haftbefehl erlassen. Dem Mann wurden Mord und versuchter Mord vorgeworfen – zu diesem Zeitpunkt war das zweite Opfer noch nicht verstorben.
Der 52-Jährige habe bisher keine Angaben gemacht, auch nicht zu seinem Motiv. „Wir gehen aber davon aus, dass es damit zu tun hat, dass er von ihr wiederholt abgewiesen wurde“, sagt der Göttinger Kripo-Chef Thomas Breyer. Der Gelegenheitsarbeiter habe sich über längere Zeit um die Frau bemüht. „Er konnte bei ihr aber nicht landen,“ sagte Breyer. Es würden nun Vernehmungen von Zeugen vorgenommen.
Der Staatsanwaltschaft zufolge war der Mann wegen der Vergewaltigungen in den Jahren 1985, 1987 und 1994 zu zwei Jahren und neun Monaten, fünf sowie sechs Jahren verurteilt worden. Seit 2001 befindet er sich wieder auf freiem Fuß.
Der gelernte Tischler war auch nicht zum ersten Mal auf der Flucht vor der Polizei. 1995 war er als Häftling bei einem Zeugentermin im Amtsgericht Göttingen entkommen. Als die Polizei ihn dreieinhalb Wochen später festnehmen wollte, leistete er massiven Widerstand und flüchtete. Weil er nach mehreren Warnschüssen nicht stehenblieb, stoppte ein Beamter ihn durch einen Schuss in den Rücken.
Am Ort der Bluttat im Göttinger Stadtteil Grone war die Absperrung der Polizei am Samstag längst wieder entfernt. Dennoch blieben Passanten respektvoll stehen. Sie blickten mit teilnahmsvoller Miene zu der Stelle vor einem asiatischen Imbiss, an der die 44-Jährige am Donnerstag gestorben war. Andere Menschen hatten dort Blumen niedergelegt und Kerzen aufgestellt.
2019-09-28 15:06:00Z
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