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Abschied von Prinz Philip: "Monarchie vor schwieriger Phase" - tagesschau.de

Interview

Stand: 17.04.2021 05:07 Uhr

Heute wird Prinz Philip beigesetzt. Mit seinem Abschied neigt sich auch die Ära von Queen Elizabeth ihrem Ende zu. ARD-Korrespondentin Annette Dittert sagt im Interview, die nachfolgende Generation werde sich schwer tun, das Land ähnlich zu einen.

tagesschau.de: Als Prinzessin Diana 1997 starb und 2002 die hochbetagte Königinnenmutter waren das für die Briten ein sehr emotionaler Moment großer öffentlicher Anteilnahme. Wie haben Sie die Tage nach dem Ableben von Philip erlebt – war das vergleichbar? 

Annette Dittert: Es herrscht in der Tat eine ungewöhnliche Stimmung. Viele Briten trauern mit der Queen, dass Prinz Philip gestorben ist und bedauern, dass sie sich an so einem Tag nicht öffentlich versammeln und ihre Unterstützung für die Monarchie ausdrücken dürfen, wie es sonst üblich ist. Prinz Philip war eines der beliebtesten Mitglieder des Königshauses, und das Mitgefühl gilt jetzt vor allem der Queen - auch das würden viele Briten gerne zeigen, indem sie zusammenkommen. Aber der Palast hat ausdrücklich darum gebeten, dass die Menschen zu Hause bleiben und den Abschied von Prinz Philip am Fernsehen verfolgen.  

Annette Dittert | NDR/Verena Reinke

Zur Person

Annette Dittert berichtet seit 2019 wieder für die ARD aus London - wo sie bereits von 2008 bis 2014 Korrespondentin war. Weitere Stationen führten sie nach Warschau und New York.

Eine Zeremonie unter besonderen Bedingungen

tagesschau.de: Eine Beisetzung im kleinen Kreis mit nur 30 Gästen - der Abschied von Prinz Philip wird ganz anders ablaufen, als man es von früheren Abschiedszeremonien im britischen Königshaus kennt. Was hat das Protokoll vorgesehen? 

Dittert: Es wird eine kleine, private Zeremonie mit 30 Gästen werden - mehr ist in dieser Phase des Lockdown nicht erlaubt. Daran hält sich auch das Königshaus. Es wird eine kurze Prozession von Windsor Castle in die St. George Chapel, bei der der Sarg des Prinzen auf einem von ihm selbst entworfenen Land Rover überführt wird. Das ist auch ein letzter, schelmenhafter Gruß von ihm, wenn man so will. Er war ja immer jemand, der auch mal aus der Reihe tanzte, und das kommt bei dieser Art des Abschieds dann auch noch einmal durch. Denn eigentlich üblich ist es natürlich nicht, dass der Sarg eines Senior Royal auf einem Jeep zum Gottesdienst gefahren wird. Hinter dem Jeep werden Prinz Charles und Prinzessin Anne als die beiden ältesten Kinder gehen, dahinter die beiden jüngeren Söhne Andrew und Edward.   

Hinter ihnen, und darauf wird die Öffentlichkeit natürlich besonders schauen, laufen dann die beiden Enkel William und Harry. Zwischen ihnen aber wird, gewissermassen als Puffer, Peter Philips sein, der älteste Sohn von Anne, um ein direktes Nebeneinander der beiden Brüder zu vermeiden, deren Beziehung im Moment ja noch immer ziemlich belastet ist. Es ist Harrys erster Auftritt in Großbritannien seit seinem Wegzug im vergangenen Jahr. Und viele werden sich heute natürlich an die berühmten Bilder und den traumatischen Moment erinnern, als die beiden Brüder hinter dem Sarg ihrer verstorbenen Mutter Diana hergingen. Das wird nicht leicht für die beiden.

Jahrzehntelang die zweite Geige - ohne Murren

tagesschau.de: Was haben die Briten an Philip besonders geachtet - und was wird von ihm in Erinnerung bleiben?  

Dittert: Vor allem die ältere Generation hat ein enges Verhältnis zu ihm, die ihn über Jahrzehnte an der Seite der Queen erlebt haben; die beiden waren immerhin 73 Jahre verheiratet. Viele erinnern sich an seinen Humor - er war jemand, der das Eis brechen konnte. Wenn bei Zusammenkünften im oft steifen höfischen Zeremoniell irgendwo gelacht wurde, konnte man sicher sein, dass Philip dabei war.

Seine Rolle war, die Queen zu unterstützen, und das war nicht so banal, wie es klingen mag. Es ist ihm nicht immer leichtgefallen, ein ganzes Leben lang die zweite Geige zu spielen - er hatte eigene Talente und war unternehmenslustig. Dass er diese Rolle als Stütze der Monarchie ohne Murren so viele Jahrzehnte ausgefüllt hat, ist Teil der Anerkennung, die ihm jetzt zuteil geworden ist. Und für viele Jüngere, die wir in den vergangenen Tagen getroffen haben, war er so etwas wie der "Großvater der Nation".  

Das Ansehen der Queen überwiegt - noch

tagesschau.de: Das britische Königshaus hat gerade im vergangenen Jahr viele negative Schlagzeilen gehabt - der Verdacht der Verwicklung von Prinz Andrew in den Sexskandal um den US-Amerikaner Jeffrey Epstein, der Vorwurf, das Königshaus sei rassistisch - wie hat sich das auf das Ansehen der britischen Monarchie ausgewirkt? 

Dittert: Die Queen bleibt in einer für das Königshaus sehr schwierigen Zeit jetzt alleine zurück. Der Skandal um Prinz Andrew und auch das Zerwürfnis zwischen William und Harry haben das Ansehen der britischen Monarchie angekratzt. Noch gleicht die Queen das durch ihre Autorität aus. Fast alle Briten achten sie zutiefst, selbst wenn sie keine Anhänger der Monarchie sind. Aber die Beisetzung von Philip ist auch ein Vorbote dessen, dass sich auch ihre Ära dem Ende zuneigt. Insbesondere bei der jüngeren Generation hat der Rassismus-Vorwurf gegen das Königshaus das Ansehen der Monarchie stark beschädigt.

tagesschau.de: Und das betrifft auch die Politik, da die Queen ja nicht nur eine zeremonielle Rolle hat. 

Dittert: Die politische Bedeutung der Queen hat man während und nach dem Brexit erlebt, der das Vereinigte Königreich erschüttert hat. Die Schotten streben weiter nach Unabhängigkeit, in Nordirland gibt es wieder Gewalt zwischen Republikanern und Unionisten. All das hält die Queen im Moment noch mit ihrer Persönlichkeit zusammen. Nach ihr werden aber die Fliehkräfte zunehmen, denn Charles genießt als Kronprinz längst nicht die selbe Anerkennung, zumal wenn man in die Landesteile außerhalb Englands schaut. In Schottland kommt er letzten Umfragen zufolge auf Zustimmungswerte von nur knapp über 40 Prozent. Man muss deshalb davon ausgehen, dass die britische Monarchie nach der Queen auf eine schwierige Phase zusteuert.  

Ein weiteres Beispiel: Im vergangenen Jahr hat Johnson das Parlament vorzeitig - und gesetzeswidrig - aufgelöst, und die Queen musste dem zustimmen, um nicht in den Streit zwischen den Anhängern und Gegnern eines Brexits hineingezogen zu werden, obwohl es einen gewaltigen öffentlichen Aufschrei gab. Später musste Johnson das nach einem Gerichtsurteil zurücknehmen. Weil die Queen eine solche Autorität ist, hat sie das überstanden, ohne beschädigt zu werden. Wenn die Monarchie unter einem König Charles wieder in einen Streit hineingezogen wird, der an die Grundfeste des politischen Systems reicht, könnte der Schaden für sie vermutlich erheblich größer sein.  

Das Gespräch führte Eckart Aretz, tagesschau.de

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