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Thüringen - Lindner gegen Ramelow als Regierungschef - Süddeutsche Zeitung

Thüringen - Lindner gegen Ramelow als Regierungschef - Süddeutsche Zeitung

FDP-Chef Christian Lindner hält den Linkenpolitiker und früheren Ministerpräsidenten Bodo Ramelow nicht für geeignet, um das Land Thüringen aus der aktuellen Krise zu führen. "Die Entscheidungen werden im Thüringer Landtag getroffen", sagte er am Sonntag. "Ich persönlich halte in dieser extrem empfindlichen Situation Herrn Ramelow aber nicht für einen geeigneten Kandidaten, um das Land zu beruhigen." Er plädiere stattdessen dafür, eine unabhängige Persönlichkeit für eine Übergangszeit an die Spitze der Landesregierung zu wählen. Lindner verwies auf Österreich, wo die Präsidentin des Verfassungsgerichts nach der jüngsten Regierungskrise diese Aufgabe übernommen hatte.

"Ich hielte das, zur Beruhigung der politischen Situation in Thüringen, auch für einen besseren Weg", sagte Lindner. Er antwortete damit auf die Frage eines Journalisten, ob es nicht besser wäre, wenn die FDP in Thüringen Ramelow beim nächsten Anlauf im ersten Wahlgang aktiv wählen würde statt sich im dritten Wahlgang zu enthalten. In den ersten beiden Wahlgängen im Thüringer Landtag ist eine absolute, danach nur noch die einfache Mehrheit zur Bestimmung des Ministerpräsidenten nötig.

Die AfD nutzte dies aus, als sie am Mittwoch überraschend für den FDP-Politiker Thomas Kemmerich votierte, der so mit den Stimmen von CDU und AfD zum Regierungschef gewählt wurde. Bis dahin war erwartet worden, dass Ramelow mit den Stimmen von Linkspartei, SPD und Grünen eine einfache Mehrheit und damit die Wiederwahl zum Ministerpräsidenten schaffen dürfte. Die Wahl Kemmerichs mit Hilfe der AfD löste einen Sturm der Empörung gegen CDU und FDP aus. Kemmerich trat nach massivem Druck aus Berlin am Samstag als Ministerpräsident zurück, bleibt vorerst aber geschäftsführend im Amt. Die Landtagswahl hatte keine Mehrheit für eines der politischen Lager ergeben.

Wie Lindner sagte, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Kemmerich nicht zum Rücktritt gedrängt. "Sie hat keinerlei Druck ausgeübt." Der Rücktritt sei richtig gewesen - Kemmerich habe seine Ankündigung nur deshalb nicht sofort wahrgemacht, weil Staatskanzlei und Landtagsverwaltung in Thüringen noch Rechtsfragen klären wollten.

Die Ereignisse in Thüringen hätten "unsere politische Kultur in Deutschland beschädigt und die Seele der FDP schwer verletzt". Man erkenne eine neue Strategie der AfD, eine "Strategie der konstruktiv-destruktiven Oppositionsarbeit". Dass die AfD sogar erwäge, den Linken-Politiker Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten zu wählen, zeige, dass sie das Ziel habe, "die Demokratie zu chaotisieren, die politische Landschaft zu zerstören". Die FDP sei dem als erste Partei in die Falle gegangen. In einem Interview hatte Lindner zuvor von einem "schweren Fehler" seiner Partei in Thüringen gesprochen.

Erneut Sorge vor der AfD

Am Sonntagnachmittag trifft sich die FDP-Bundestagsfraktion in Berlin. Ihr Vorsitzender Lindner will sich zum Auftakt öffentlich äußern, womöglich auch zur Rolle der FDP bei der Regierungskrise in Thüringen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) soll am Rande der Sitzung des Koalitionsausschusses mit Thüringens Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) telefoniert haben. Es sei dabei am Samstag sehr klar darauf hingewiesen worden, dass die CDU keine Linken unterstütze, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Sonntag aus Koalitionskreisen. Ramelow habe sich im Telefonat nach Äußerungen aus der AfD besorgt gezeigt, dass er im ersten Wahlgang plötzlich durch die AfD zu einer Mehrheit kommen könne.

Zuvor hatte die über das Telefonat berichtet. In den Kreisen wurde ausdrücklich betont, es sei nicht richtig, wenn es heiße, Merkel wolle einen Linken als Ministerpräsidenten. Hintergrund des Telefonats mit Ramelow war nach den Informationen aus Koalitionskreisen, dass die der Linkspartei angehörende Thüringer Parlamentspräsidentin wohl auf Betreiben der Verwaltung den Rücktritt von FDP-Ministerpräsident Thomas Kemmerich nicht gewollt habe. Das Argument sei gewesen, dass dann keine Minister ernannt werden könnten und es im Falle, dass dem am Mittwoch mit Stimmen von AfD und CDU gewählten Kemmerich etwas zustoße, gar keine Regierung gebe. Dies sei ein sehr theoretischer Fall, hieß es am Sonntag in den Kreisen.

Ziel des Telefonats sei es gewesen, dass es aus dem Parlamentspräsidium von der Linken keinen Gegenwind gegen Kemmerichs Rücktritt mehr gebe, wurde in den Koalitionskreisen betont. Zudem sollte demnach wohl der Ältestenrat des Landtags erst nach den Winterferien zum weiteren Vorgehen tagen - auch das zu beschleunigen sei Ziel des Telefonats gewesen.

Kemmerich hatte am Samstag überraschend seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung mitgeteilt. Fast gleichzeitig hatte der Koalitionsausschuss in Berlin gemeinsam verlangt, dass umgehend ein neuer Ministerpräsident im Landtag gewählt wird. Unabhängig davon müsse es baldige Neuwahlen geben. Kemmerich hatte am Donnerstag, einen Tag nach seiner Wahl, seinen Rücktritt angekündigt - aber bis Samstag zunächst nicht vollzogen.

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2020-02-09 14:50:15Z
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