Eigentlich ist es ja nur eine Bürgermeisterwahl in einer Großstadt, aber Hamburg tickt da etwas anders: Der Stadtstaat hat ein Feierabendparlament und eine Regierung, die an der Elbe übrigens Senat heißt.
Und deswegen blickt die Republik am 23. Februar darauf, ob die SPD bei der einzigen Landtagswahl des Jahres mit einem traditionell wirtschaftsfreundlichen Kurs die Attacke der Grünen, die gern erstmals stärkste Partei werden würden, abwehren kann – und damit zugleich der Bundesspitze der Sozialdemokraten zeigt, dass der Linkskurs in die Irre führt. In den jüngsten Umfragen liegt die Hamburger SPD vorne.
Wie tickt diese Stadt? Das Hamburg-Alphabet.
A wie Altbürgermeister: Sie spielen eine große Rolle, manchmal fast noch eine größere als zu ihrer eigentlichen Amtszeit. Regelmäßig wird gedanklich einsortiert und ermahnt, selten zur Freude der Nachfolger. Derzeit besteht die Riege aus Hans-Ulrich Klose, Klaus von Dohnanyi, Ortwin Runde (alle SPD), Ole von Beust, Christoph Ahlhaus (beide CDU) und Olaf Scholz (SPD), wobei nicht alle gleichermaßen gefragt sind.
B wie Bürgerbeteiligung: Die wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter ausgebaut, kaum ein Carport kann noch angebaut werden, ohne möglichst alle gefragt zu haben. Bei den großen Abstimmungen wenden sich die Hamburgerinnen und Hamburger gern gegen die Senatspolitik, etwa beim Rückkauf der Energienetze oder natürlich auch bei der Olympia-Bewerbung.
C wie CDU: Die Zeiten der eigenen Regierungen sind noch gar nicht so lange her, von 2001 bis 2011 stellte sie mit Ole von Beust den Bürgermeister. Für die aktuelle Wahl wurde nach zuletzt schlechten Wahlergebnissen mit Marcus Weinberg nur ein Spitzenkandidat, aber kein Bürgermeisterkandidat aufgestellt. In manchen der 104 Stadtteile kommt die Partei nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde. Die klassischen CDU-Themen ziehen in der Großstadt nicht mehr.
D wie „da nich’ für“: Den wahren Hamburger erkennt man an dieser syntaktisch fragwürdigen Wendung, die so viel wie „gern geschehen“ bedeutet.
E wie Exzellenz: Die Universität der Hansestadt wurde erst 1919 gegründet, weil den Kaufleuten nicht klar war, wie eine solche Einrichtung schnell Rendite bringen sollte. Nach vielen schwierigen Jahrzehnten erreichte sie zum 100. Geburtstag im vergangenen Jahr den Exzellenzstatus. Nun will die Stadt kräftig weiter investieren.
F wie Fegebank: Katharina Fegebank will die erste Frau werden, die das Bürgermeisteramt antritt – und das als erste Grüne noch dazu. Die 42-jährige Mutter von Zwillingen und jetzige Wissenschaftssenatorin wirkt mit ihrer offenen und munteren Art auch über die Parteimilieus hinaus.
So will Katharina Fegebank Hamburgs Bürgerschaftswahl gewinnen
Katharina Fegebank geht als Spitzenkandidatin der Grünen in die Hamburger Bürgerschaftswahl am 23. Februar. Den Fokus legt sie im Wahlkampf vor allem auf die Sicherheitspolitik und eine Neugestaltung des Nahverkehrs.
Quelle: WELT/Thomas Laeber
In Umfragen liegt sie aber auch in den Persönlichkeitswerten deutlich hinter Amtsinhaber Peter Tschentscher (SPD). Mutig ist Fegebank: Ihr ausdrücklicher Lieblingsfußballverein ist Werder Bremen.
G wie G 20: Dass SPD und Grüne derzeit überhaupt noch an der Regierung sind, darf angesichts der Erfahrungen mit dem G-20-Gipfel im Sommer 2017 als ein kleines Wunder bezeichnet werden. Von dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz noch als größerer Hafengeburtstag prognostiziert, entwickelten sich Tage des Krawalls, vorübergehender Kontrollverlust für die Polizei inklusive. Noch heute laufen Hunderte Strafverfahren.
H wie Hammonia: „Stadt an der Elbe Auen/wie bist du stattlich anzuschauen/mit deiner Türme Hochgestalt/und deiner Schiffe Mastenwald“ – wenn es ganz feierlich wird, stimmen die Hanseaten ihre eigene Nationalhymne, das Hammonia-Lied, an. Häufiger ist allerdings „Hamburg, meine Perle“ von Lotto King Karl zu hören.
I wie Inner Circle: Zwar ist Hamburg die zweitgrößte Stadt Deutschlands, aber im Kern ist sie überschaubar. Der innere Kreis der Wirtschafts- und Politikakteure sowie Kulturschaffenden ist klein, zu Jahresbeginn zieht der Kreis von gut 1000 Menschen von Empfang zu Empfang und versichert sich seiner selbst.
J wie Jungfernstieg: Eine der bekanntesten Straßen Hamburgs und eigentlich der Prachtboulevard an der Binnenalster. Doch Autoprotzer und Jugendbanden trieben hier so lange ihr Unwesen, bis der Ruf fast ruiniert war. Als ein Anliegerverein und die Polizei dagegenhielten, wurde es etwas besser.
K wie Kiez: St. Pauli und die Reeperbahn haben mal die besten Jahre hinter sich und sind dann doch plötzlich wieder angesagt. Viele Touristen gehen tagsüber durch das Viertel und sind enttäuscht. Dabei waren sie nur schlecht informiert.
L wie Lindenberg: Udo Lindenberg und Hamburg, speziell das Hotel „Atlantic“, gehören einfach zusammen. Nicht wenige sehen in ihm den nächsten Ehrenbürger. Lindenberg betreibt längst ein eigenes Mitmachmuseum und gibt der Kaufmannsstadt einen erträglichen Outlaw.
„Lindenberg! Mach dein Ding!“
Der Film „Lindenberg! Mach dein Ding“ zeigt das Leben des Sängers und Entertainers Udo Lindenberg. Erzählt wird von seiner Kindheit bis zum ersten Auftritt in Hamburg 1973.
Quelle: DCM
M wie moin: Der berühmte norddeutsche Gruß hat alle fremden Einflüsse überlebt und wird zu jeder Tageszeit benutzt. Aber nur einmal, die Dopplung verrät den Möchtegern-Hamburger.
N wie Nachtleben: So legendär wie einst ist es wohl nicht mehr, die Zeiten des Rotlichtmilieus sind ebenso vorbei wie die der großen Clubs. Und dennoch lässt sich an guten Tagen in den Kneipen der angesagten Stadtteile eine Form von schnoddriger Geselligkeit erleben, die es dann vielleicht doch so nur in Hamburg gibt.
O wie Osten: Wohl keine andere Stadt hat ein so klares Gefälle zwischen den Stadthälften Ost und West. Grob gesagt lebt im Westen das Bürgertum, vor allem in Eppendorf, Rotherbaum, Eimsbüttel und an der Elbe, während sich im Osten die sozial schwächeren Stadtteile wie Hamm, Horn oder Billstedt aneinanderreihen. Mit vielen Stadtentwicklungsprogrammen wurde schon versucht, die Kluft zu verringern.
P wie Parlament: Das heißt in Hamburg Bürgerschaft und wird für fünf Jahre gewählt. Neben Bremen ist es das einzige Landesparlament, das noch im Feierabendmodus agiert und nicht mit Profi-Politikern besetzt ist. Es tagt jeden zweiten Mittwoch, hinzu kommen aber noch etliche Ausschusssitzungen. Eine Kommission berät derzeit darüber, ob eine Umwandlung in ein kleineres Berufsparlament sinnvoll wäre.
Q wie Quiddje: Wer nicht in Hamburg geboren wurde, der ist ein Quiddje. Und davon gibt es jedes Jahr mehr, rund 10.000 Menschen ziehen derzeit Jahr für Jahr in die Stadt. Was aber noch nicht heißt, dass man deswegen gleich Hamburger ist, das kann einige Generationen dauern.
R wie Ride-Sharing: Wirklich alle Anbieter, die den neuen Mobilitätsmarkt erobern wollen, haben sich auf Hamburg gestürzt. Neben der VW-Tochter Moia kann man sich auch normale Taxis per App mit fremden Menschen teilen oder in ein Uber-Gefährt steigen oder einfach eines der vielen Carsharing-Angebote nutzen.
S wie Staus: Trotz der beschriebenen neuen Angebote hat sich die Zahl der Staus auf den Straßen nicht verringert, im Gegenteil: Hamburg ist Deutschlands offizielle Stau-Hauptstadt. Insbesondere die stetig wachsenden Pendlerströme machen den Morgen und Nachmittag zu Geduldsproben. Und so wurde der Verkehr zu einem Hauptthema im Wahlkampf.
T wie Tschentscher: Kein typischer Hamburger, so still und bescheiden kommt der Bürgermeister daher. Vielleicht liegt es daran, dass der 54-jährige Peter Tschentscher in Bremen geboren wurde.
Der Laborarzt an der Uniklinik Eppendorf hatte sich als Finanzpolitiker einen Namen gemacht und lange das entsprechende Ressort im Senat geleitet, bis sich rund um den Wechsel von Olaf Scholz in die Bundespolitik plötzlich die Scheinwerfer auf ihn richteten: Seit März 2018 führt der Sozialdemokrat die Regierungsgeschäfte, jetzt stellt er sich erstmals zur Wahl.
U wie UKE: Manch ein Unfallopfer soll den Rettungssanitätern mit letzter Kraft zugerufen haben: „Bitte nicht ins UKE!“ Das Universitätskrankenhaus Eppendorf hatte nicht immer den besten Ruf, die riesige Klinik kämpft gerade mit den Zuständen in der Notaufnahme – und glänzt andererseits bei der Behandlung schwieriger Fälle und mit der Forschung. Diagnose: Auf dem Weg der Besserung.
V wie Vereine: Der Abstieg des HSV aus der Fußball-Bundesliga vor zwei Jahren war ein Stich in die Seele eines Teils der Stadt – der andere Teil jubelte, weil er den Lokalrivalen FC St. Pauli unterstützt. In wenigen Monaten sollen sich die Wege, die sich in der Zweiten Liga gekreuzt haben, aber wieder trennen, der HSV will unbedingt aufsteigen. Und muss es bei einem Schuldenstand von rund 80 Millionen Euro wohl auch. Neben den Hockey-Klassikern sind in den Kernsportarten derzeit nur die Basketballer der Hamburg Towers erstklassig, aber auch die haben zu kämpfen.
W wie Wahlkampf: Inhaltlich gab es lange nur zwei bis drei Themen, nämlich die Situation auf dem Wohnungsmarkt, den Verkehr und damit verknüpft eine städtische Klimadebatte. Doch dann kam die Debatte um die Verwicklung von SPD-Politikern wie Olaf Scholz, Johannes Kahrs und auch Peter Tschentscher in die Verjährung von Steuerrückzahlungen der Warburg-Bank hinzu.
Und personell ging es von Anfang an nur darum, wer am Ende vorne liegt: Amtsinhaber Peter Tschentscher (SPD) oder Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne). Entsprechend wenig variantenreich gestaltete sich die Auseinandersetzung.
X wie XFEL: Dieses Kürzel steht für X-Ray Free-Electron Laser, Hamburgs wichtigstes Forschungsvorhaben. Mit Röntgenblitzen werden in dem 3,4 Kilometer langen unterirdischen Ring dreidimensionale Detailaufnahmen von chemischen Reaktionen möglich. Die Anlage gehört zum Desy-Zentrum, an dem zwölf Länder beteiligt sind. Rund um Desy soll im Stadtteil Bahrenfeld eine Science City wachsen, so hat es der Senat beschlossen.
Y wie Yacht: Einen Yachthafen hat Hamburg zwar auch, aber viel wichtiger ist der Yachtbau – und zwar bei Blohm+Voss im XXL-Stil. Für die Reichen dieser Welt – ob klassischer Unternehmer, Scheich oder Oligarch – wird hier alles verbaut, was die Welt an Luxusgütern bereithält. Seit 2016 gehört die Traditionswerft zur Lürssen-Gruppe, die Übernahme ausgerechnet durch die Bremer war damals ein Schlag ins (Handels-)Kontor für Hamburger Traditionalisten.
Z wie zwei Millionen: Zwar kämpfen die Hamburger mit den Wachstumsschmerzen einer Großstadt, aber auf das Knacken der Zwei-Millionen-Einwohner-Grenze wären sie schon stolz.
Derzeit leben in der Hansestadt rund 1,85 Millionen Menschen, die Prognose des Statistischen Landesamts lautet, dass es 2040 1,949 Millionen Einwohner sein werden – aber danach soll es durch die Sterberate wieder bergab gehen. Es wird also knapp mit den zwei Millionen.
So will Katharina Fegebank Hamburgs Bürgerschaftswahl gewinnen
Katharina Fegebank geht als Spitzenkandidatin der Grünen in die Hamburger Bürgerschaftswahl am 23. Februar. Den Fokus legt sie im Wahlkampf vor allem auf die Sicherheitspolitik und eine Neugestaltung des Nahverkehrs.
Quelle: WELT/Thomas Laeber
2020-02-21 14:21:00Z
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