Den zweiten Tag in Folge ist es zu Zusammenstößen vor der US-Botschaft in Bagdad gekommen. US-Präsident Trump macht den Iran verantwortlich.
Die US-Regierung verlegt wegen der jüngsten Spannungen im Irak mit sofortiger Wirkung 750 zusätzliche Soldaten in die Region. Darüber hinaus stünden weitere Soldaten bereit, um in den nächsten Tagen auszurücken, erklärte Verteidigungsminister Mark Esper am Dienstagabend (Ortszeit).
Die US-Armee hatte nach dem Sturm auf die Botschaft in Bagdad bereits Kampfhubschrauber zum Schutz des riesigen Komplexes eingesetzt. „Wir haben angemessene Schutzmaßnahmen ergriffen, um die Sicherheit amerikanischer Bürger zu gewährleisten“, twitterte der Sprecher der von den USA angeführten Militärkoalition im Irak am Dienstag. „Wir schicken zusätzliche Kräfte, um unser Personal an der Botschaft zu unterstützen.“
An der US-Botschaft im Irak kam es am Mittwoch den zweiten Tag in Folge zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Mehrere Personen seien durch den Einsatz von Tränengas verletzt worden, berichtete die staatliche irakische Nachrichtenagentur INA am Mittwoch.
Inzwischen haben Teile der Demonstranten damit begonnen, sich aus der besonders gesicherten „Grünen Zone“ der irakischen Hauptstadt zurückzuziehen. Das berichteten Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Auf Fotos im Internet war zudem zu sehen, wie Demonstranten Zelte abbauten und auf Jeeps das Gelände vor der Botschaft verließen.
Die Volksmobilisierungseinheiten hatten zuvor in einer Mitteilung dazu aufgerufen, sich aus Respekt vor der irakischen Regierung von der US-Botschaft zurückzuziehen.
Die USA hatten am Wochenende mehrere Luftangriffe gegen schiitische Milizen im Irak geflogen und dabei 25 Menschen getötet. Die Volksmobilisierungseinheiten sind eine Dachorganisation überwiegend schiitischer Milizen, die zum Teil vom Iran unterstützt werden.
Am Dienstag hatten mehrere Hundert Demonstranten die US-Botschaft in Bagdad attackiert und versucht, das Botschaftsgelände zu stürmen. Mehrere Wachhäuschen am Eingangstor zu dem Botschaftskomplex standen in Flammen, wie auf Livebildern des arabischen Fernsehsenders Al-Arabija am Abend zu sehen war. Demonstranten, die zum Teil in Militäruniformen kamen, schwenkten Fahnen schiitischer Milizen im Irak.
Ein Sprecher der Botschaft teilte dem US-Sender CNN mit, dass die Botschaft belagert sei, die Demonstranten es aber nicht geschafft hätten, den gesamten Komplex zu stürmen. Der Botschafter befinde sich nicht dort, sondern sei seit mehr als einer Woche im Urlaub.
Trump macht Iran verantwortlich
US-Präsident Donald Trump machte den Iran für die Ausschreitungen an der Botschaft verantwortlich und drohte Teheran mit Konsequenzen. „Jetzt orchestriert der Iran einen Angriff auf die US-Botschaft im Irak“, twitterte Trump. Dafür würden die Iraner „voll zur Verantwortung“ gezogen“, erklärte er weiter. Das irakische Militär müsse die Botschaft schützen, forderte er weiter.
Der Iran bestritt vehement, etwas mit den Ausschreitungen an der amerikanischen Botschaft in Bagdad zu tun zu haben. „Die USA sollten mit diesen politischen Fehlkalkulationen und irrationalen Reaktionen vorsichtig sein“, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi.
Anstatt anderen Ländern die Schuld zuzuschieben, sollten die USA laut Mussawi lieber ihre „destruktive Politik“ im Irak überdenken. Außerdem sollten die Amerikaner die Tatsache akzeptieren, dass sie in den Augen der Iraker als „Besatzungsmacht“ in einem souveräneren Staat angesehen würden - und diese deswegen auch dagegen protestieren, sagte der Sprecher laut der Nachrichtenagentur Mehr.
Am Sonntag hatten die USA bei fünf Luftangriffen im Irak und in Syrien Einrichtungen der schiitischen Miliz Kataib Hisbollah angegriffen. Dabei wurden 25 Menschen getötet und 50 weitere verletzt. Die USA machen die vom Iran unterstützte Miliz für Angriffe auf US-Soldaten im Irak verantwortlich, bei denen ein US-Bürger starb.
Sicherheitskräfte schritten zunächst nicht ein
Wie Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur berichteten, konnten die Demonstranten am Dienstagmorgen zunächst einen ersten Sicherheitsposten an der Zufahrtsstraße vor dem Botschaftsgelände ungehindert passieren und so bis an die Außenmauern und das Eingangstor der Botschaft gelangen. Irakische Sicherheitskräfte seien demnach zunächst nicht eingeschritten.
Demonstranten zündeten dann US-Flaggen an und zertrümmerten Fensterscheiben, berichteten Augenzeugen. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie Demonstranten Feuer an den Außenmauern des Botschaftsgeländes legten und Brandsätze über die Mauern warfen.
Die Demonstranten beschmierten die Außenmauern mit anti-amerikanischen Parolen. „Tod Amerika“ und „Geschlossen durch das Volk“ stand dort. Hochgerüstete Sicherheitskräfte der USA waren durch Fensterscheiben im Eingangsbereich der Botschaft zu sehen. Irakische Sicherheitskräfte versuchten später, die Menge mit Tränengas auseinanderzutreiben.
Die US-Botschaft in Bagdad ist nach US-Angaben die größte Botschaft der Vereinigten Staaten weltweit. Sie war im Januar 2009 offiziell eröffnet worden. Der Botschaftskomplex ist mit 42 Hektar in etwa so groß wie Vatikanstadt.
US-Außenminister Mike Pompeo machte in Telefonaten mit der irakischen Führung deutlich, dass die US-Regierung ihre Bürger im Irak „schützen und verteidigen“ werde, erklärte die Sprecherin des Ministeriums, Morgan Ortagus. Der amtierende Regierungschef Adel Abdel Mahdi und Präsident Salih hätten Pompeo versichert, dass der Irak seine Verantwortung ernst nehme, die Sicherheit der US-Truppen und US-Einrichtungen zu garantieren, hieß es weiter. Das US-Militär sei vor Ort, um den unabhängigen und eigenständigen Irak zu unterstützen, erklärte Ortagus.
Abdel Mahdi ruft Demonstranten zum Rückzug auf
Iraks noch amtierender Regierungschef Abdel Mahdi rief die Demonstranten auf, sich umgehend von der Botschaft zurückzuziehen. Die Sicherheitskräfte würden jedem Angriff auf ausländische Botschaften hart begegnen, hieß es in einer Mitteilung des Regierungsbüros. Die irakische Regierung habe die US-Luftangriffe vom Sonntag bereits aufs Schärfste verurteilt, sagte Abdel Mahdi weiter. Er hatte im November aufgrund anhaltender Proteste seinen Rücktritt bekanntgegeben, führt die Amtsgeschäfte aber noch weiter.
Nach Angaben des Iran-Sondergesandten im US-Außenministerium, Brian Hook, hat es in den vergangenen zwei Monaten elf Angriffe gegen amerikanische Truppen oder US-Bürger im Irak gegeben.
Bei einem Angriff auf eine irakische Militärbasis in Kirkuk, auf der sich auch US-Soldaten und Angestellte befanden, waren am Freitag ein US-Bürger getötet und vier amerikanische Soldaten verletzt worden. Daraufhin griffen die USA mit Kampfjets am Sonntag die Einrichtungen der Kataib-Hisbollah-Miliz an.
Die vom Iran unterstützte Miliz, die Teil der schiitischen Volksmobilisierungseinheiten im Irak ist, kündigte Vergeltung für die Angriffe an. „Das Blut der Märtyrer und der Verwundeten wird nicht vergeblich sein und unsere Antwort gegen die US-Kräfte im Irak wird scharf sein“, sagte der stellvertretende Anführer, Abu Mahdi al-Mohandis unmittelbar nach den Angriffen gegen die Miliz.
Auswärtige Amt in Berlin schaltet sich in Konflikt ein
Bereits im Mai hatte das Außenministerium aufgrund der angespannten Sicherheitslage im Irak Teile des Personals in der Botschaft in Bagdad und dem Konsulat in Erbil zeitweise abgezogen. Im September waren zwei Raketen in der Nähe des Botschaftsgeländes in Bagdad eingeschlagen.
Angesichts der Angriffe hatte sich am Montag auch das Auswärtige Amt in Berlin zu Wort gemeldet und den Iran aufgefordert, seine „Politik der regionalen Destabilisierung“ zu beenden, da „die steigende Zahl von Angriffen durch nicht-staatliche Milizen“ die Stabilität des Iraks gefährde.
Der Iran warf Deutschland daraufhin „grundlose Unterstellungen“ im Zusammenhang mit der iranischen Rolle bei den Unruhen im Irak vor. Deutschland verschließe aber zugleich die Augen vor den Einmischungen der USA in die inneren Angelegenheiten des Iraks, twitterte Außenamtssprecher Abbas Mussawi am Dienstag. Damit schwäche Berlin seine Glaubwürdigkeit, ernsthaft eine konstruktive Rolle für Stabilität und Frieden in der Region spielen zu wollen. (Tsp, dpa)
2020-01-01 12:20:00Z
https://news.google.com/__i/rss/rd/articles/CBMihwFodHRwczovL3d3dy50YWdlc3NwaWVnZWwuZGUvcG9saXRpay9lcm5ldXQta3Jhd2FsbGUtdm9yLXVzLWJvdHNjaGFmdC1pbi1iYWdkYWQtdXNhLXZlcmxlZ2VuLWh1bmRlcnRlLXNvbGRhdGVuLWluLWRlbi1pcmFrLzI1Mzc4MjU4Lmh0bWzSAQA?oc=5
Lesen Sie später weiter >>>>
Bagikan Berita Ini
0 Response to "Erneut Krawalle vor US-Botschaft in Bagdad: USA verlegen Hunderte Soldaten in den Irak - Tagesspiegel"
Post a Comment