Jamal Khashoggi wurde offenbar von einem saudischen Spezialkommando getötet. Jetzt verurteilt ein saudisches Gericht fünf Menschen zum Tode.
- Der Journalist Jamal Khashoggi wurde im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in der türkischen Hauptstadt Istanbul von einem saudischen Spezialkommando ermordet.
- Die saudische Regierung hat den Mord eingeräumt, weist aber jeden Vorwurf zurück, das Königshaus könne involviert gewesen sein.
- Jetzt hat ein Gericht in Saudi-Arabien fünf Menschen zum Tode verurteilt.
Update vom 24. Dezember, 9.15 Uhr: Ein hochrangiger Mitarbeiter des US-Außenministeriums hat die Urteile im Zusammenhang mit dem Mord an dem saudischen Journalisten und Regierungskritiker Jamal Khashoggi als „wichtigen Schritt“ bezeichnet. Eine offizielle Stellungnahme des Weißen Hauses gab es am Montag allerdings zunächst nicht. „Die heutigen Urteile waren ein wichtiger Schritt, um die Verantwortlichen für das schreckliche Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte der Regierungsbeamte am Montag (Ortszeit) vor Journalisten in Washington.
Die UN-Sonderberichterstatterin für den Fall, Agnès Callamard, hatte die Urteile scharf kritisiert und sie eine „Farce“ genannt. „Die Drahtzieher sind nicht nur auf freiem Fuß. Sie sind von den Ermittlungen und dem Prozess kaum berührt worden.“ Der US-Regierungsmitarbeiter sagte mit Blick auf die Kritik, dass die Urteile nicht alle Verantwortlichen berührten: „Wir werden Saudi-Arabien weiterhin zu Transparenz diesbezüglich anhalten.
Jamal Khashoggi: Fünf Menschen zum Tode verurteilt - hat man sich so der Mord-Zeugen entledigt?
Update von 22.07 Uhr: Die USA haben die fünf Todesurteile im Fall des ermordeten saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi begrüßt. Ein Vertreter des US-Außenministeriums sagte am Montag, es handle sich um einen "wichtigen Schritt", um die Verantwortlichen für dieses "schreckliche Verbrechen" zur Rechenschaft zu ziehen. Die USA würden von Saudi-Arabien aber "mehr Transparenz" verlangen. Auch müssten alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Staatsanwaltschaft in Riad hatte die fünf Todesurteile am Montag bekanntgegeben. Das direkte Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman, den viele für den wahren Auftraggeber halten, wurde dagegen entlastet. Die Urteile stießen deswegen international auf Kritik.
Der für die "Washington Post" tätige Khashoggi war im Oktober 2018 im saudiarabischen Konsulat in Istanbul ermordet worden. Der in den USA im Exil lebende Journalist hatte wiederholt Kritik an der Königsfamilie geäußert.
In der bis heute nur teilweise aufgeklärten Affäre gerieten auch zwei enge Vertraute des Kronprinzen ins Zwielicht: der frühere Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Assiri und der Medienberater Saud al-Kahtani. Beide wurden nach dem Mord an Khashoggi ihrer Ämter enthoben. Al-Assiri wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft aber nun aus "Mangel an Beweisen" freigesprochen. Die Ermittlungen gegen al-Kahtani wurden eingestellt.
Update von 15.13 Uhr: Der grausame Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi hat Saudi-Arabien international über Monate viel Kritik eingebracht - nun hat ein Gericht in dem Königreich fünf Angeklagte in dem Fall zum Tode verurteilt. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Riad am Montag mit. Drei weitere Angeklagte wurden wegen „Verschleierung des Verbrechens“ zu Haftstrafen von insgesamt 24 Jahren verurteilt. Gut ein Jahr nach dem Mord hat Riad damit mehrere Schuldige benannt, hält ihre Namen aber noch unter Verschluss.
Jamal Khashoggi brutal getötet: Fünf Menschen zum Tode verurteilt - aber wer gab den Befehl?
„Die Ermittlungen haben gezeigt, dass es zunächst keine Absichten zum Mord gab“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz. Erst als der Leiter des „Vermittlungsteams“ im Konsulat erkannt habe, dass er die „Verhandlungen“ mit Khashoggi nicht an einem „sicheren Ort“ fortsetzen könne, sei es zum Mord gekommen. Die Entscheidung, den Kolumnisten der „Washington Post“ zu töten, sei erst im Konsulat gefallen.
Der Vertraute des Kronprinzen und hochrangige Regierungsmitarbeiter Saud al-Kahtani war zuvor beschuldigt worden, die Tat mit organisiert zu haben. Laut Staatsanwaltschaft wurde er befragt, mangels Beweisen für seine mögliche Verwicklung dann aber nicht angeklagt. Auch Mohamed al-Otaibi, saudischer Generalkonsul in Istanbul zur Zeit des Mordes, sei nicht angeklagt worden. Augenzeugen hätten bestätigt, dass er an besagtem Tag frei hatte.
Während al-Assiri bei den Gerichtsverhandlungen nach Angaben westlicher Quellen anwesend war, wird über den Verbleib von al-Kahtani heftig spekuliert. Al-Kahtani war im Königreich als „Trollmeister“ bekannt, da er in den Online-Netzwerken eine Armee von Trollen lenkte, die Kritiker des Kronprinzen und anderer Mitglieder der Führung attackierten.
Die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen nannte das Urteil eine „Missachtung der Gerechtigkeit“. Generalsekretär Christophe Deloire sagte, es könne „ein Mittel sein, um die Zeugen des Mordes für immer zum Schweigen zu bringen“. Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, Christian Mihr, forderte „die vollständige Aufklärung des Verbrechens inklusive der Bestrafung der Drahtzieher und der politisch Verantwortlichen“.
Wir befürchten, dass mit den Todesurteilen gegen 5 angebliche Verantwortliche des Mordes an #JamalKhashoggi die Wahrheit über die eigentlichen Drahtzieher vertuscht werden soll. Gerechtigkeit wird nur eine vollständige Aufklärung des Verbrechens schaffen. https://t.co/6o0RY1MfNH pic.twitter.com/LGm7q0PHE4
— ReporterohneGrenzen (@ReporterOG) 23. Dezember 2019
Khashoggi-Mord: Enge Berater des Kronprinzen freigesprochen
Der Prozess gegen insgesamt elf - namentlich nicht genannte - saudische Männer lief in Riad seit Januar und endete nun nach zehn Anhörungen. Khashoggis zwei Söhne und ihre Anwälte sowie Vertreter der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat (USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China) und der Türkei erschienen zu den Anhörungen. Gegen alle Urteile kann Berufung eingelegt werden. Die Namen der Verurteilten werden erst öffentlich gemacht, wenn der Fall abschließend verhandelt ist und die Urteilte endgültig sind.
Die UN-Sonderberichterstatterin zu dem Fall, Agnès Callamard, kritiserte das Urteil als „Farce“. Sie verglich ihn mit dem Mord an der Journalistin Caruana Galizia in Malta im Oktober 2017. Allein die Tatsache, dass mindestens 24 Stunden vor der Tat ein Gerichtsmediziner Teil des Tötungs-Teams gewesen sei, deute auf frühzeitige Planung hin.
Menschenrechtsorganisationen hatten den saudischen Behörden vorgeworfen, eine glaubhafte Aufarbeitung des Falls zu verhindern und keinen Zugang zum Verfahren zu ermöglichen. Human Rights Watch sprach etwa von „Verschleierung“ der Details. Es sei nicht klar, ob die Angeklagten Zugang zu angemessenen Verteidigern und Chancen auf ein faires Verfahren hätten, teilte Amnesty International im Oktober zum ersten Jahrestag des Mordes mit. Unbekannt sei auch, wo sich die Überreste Khashoggis befinden und ob diese seiner Familie übergeben worden seien.
Jamal Khashoggi brutal getötet: Fünf Menschen zum Tode verurteilt - aber wer gab den Befehl?
Erstmeldung vom 23. Dezember 2019: Riad - Ein Gericht in Saudi-Arabien hat fünf Menschen wegen des Mordes an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi zum Tode verurteilt. Khashoggi war im Oktober 2018 im saudischen Konsulat im türkischen Istanbul von einem saudischen Spezialkommando aus Riad brutal getötet worden.
Noch immer ist unklar, wer den Befehl für den Mord gab. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman übernahm die Verantwortung für die Tat, bestritt aber, die Tötung angeordnet zu haben. Die UN-Sonderberichterstatterin zu dem Fall, Agnès Callamard, war jedoch zu dem Schluss gekommen, dass es glaubwürdige Hinweise auf eine mögliche persönliche Verantwortung des Kronprinzen gebe.
Khashoggi-Mord: Enge Berater des Kronprinzen freigesprochen
Der Prozess gegen insgesamt elf Verdächtige hatte im Januar in Riad begonnen. Menschenrechtsorganisationen hatten den saudischen Behörden vorgeworfen, eine glaubhafte Aufarbeitung des Falls zu verhindern und keinen Zugang zum Verfahren zu ermöglichen. Zwei ranghohe Berater von Kronprinz Mohammed bin Salman seien entlastet worden, teilte der Generalstaatsanwalt in Riad am Montag mit.
„Das Gericht hat Todesurteile gegen fünf Männer verhängt, die direkt an dem Mord beteiligt waren“, hieß es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft. Von den elf Angeklagten wurden außerdem drei zu Gefängnisstrafen von insgesamt 24 Jahren verurteilt. Alle anderen wurden freigesprochen.
Die Vorwürfe gegen Saud al-Kahtani, einem der engsten Vertrauten des Kronprinzen, wurden "wegen unzureichender Beweise" nicht aufrechterhalten. Auch der frühere Vize-Geheimdienstchef, Ahmed al-Assiri, wurde freigesprochen.
Die saudiarabische Staatsanwaltschaft hatte während der Ermittlungen gesagt, dass al-Assiri die Ermordung auf Anweisung des königlichen Medienberaters al-Kahtani beaufsichtigt haben soll. Sowohl al-Assiri als auch al-Kahtani waren nach dem Mord an Khashoggi ihrer Ämter enthoben worden.
Khashoggi-Mord: Fünf Menschen in Saudi-Arabien zum Tode verurteilt
Die Verlobte des ermordeten saudischen Regimekritikers hatte wenige Tage zuvor den USA mit Blick auf das Verbrechen an ihrem Partner schwere Versäumnisse vorgeworfen. „Die Reaktion Trumps hat mir das Herz gebrochen“, sagte Hatice Cengiz der „Welt“. „Die US-Regierung hatte eine Gelegenheit, die Werte zu verteidigen, für die Amerika steht, Menschenrechte und Meinungsfreiheit. Stattdessen haben sie vorgezogen zu schweigen und zu helfen, die Aktion zu vertuschen.“
Video: Gedenken an den ermordeten Journalisten
Khashoggis Verlobte: Trumps Reaktion hat mir das Herz gebrochen
Khashoggi lebte in den USA. Er wurde im Oktober 2018 im saudischen Konsulat im türkischen Istanbul von einem saudischen Spezialkommando getötet, als er Papiere für seine geplante Hochzeit mit Cengiz abholen wollte.
Aus Sicht von US-Präsident Donald Trump wurde der Vorfall tiefgründig untersucht. Saudi-Arabien sei ein wichtiger Handelspartner, hatte er im Juni gesagt. Wenn die USA mit ihnen keine Geschäfte machten, dann würden dies die Russen oder Chinesen tun.
dpa/afp
Rubriklistenbild: © AFP / TIMOTHY A. CLARY
2019-12-24 08:19:00Z
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