Die Weltklimakonferenz in Madrid hat sich am Sonntag nach 43-stündiger Verlängerung ihrer Sitzungen auf einen Kompromiss zur Abschlusserklärung geeinigt. Das Plenum erinnert darin alle rund 200 Staaten an ihre Zusage, im nächsten Jahr ihre Klimaschutzziele für 2030 möglichst zu verschärfen. Bei einem wichtigen Punkt gab es allerdings zunächst noch keine Einigung: Vier Jahre nach der Verabschiedung des Klimaabkommens von Paris sollte das Plenum auch Regeln für die internationale Zusammenarbeit beschließen, insbesondere den Handel mit Klimaschutz-Gutschriften. Das ist gescheitert.
Die Konferenz hatte eigentlich die letzte große Leerstelle des Pariser Klimaabkommens von 2015 füllen sollen - die Frage, wie Industrieländer Klimaschutz auch im Ausland betreiben können. Ein Marktmechanismus sollte entstehen, mit dem Investoren durch grüne Projekte in Entwicklungsländern Klimaschutz-Zertifikate generieren können, die dann wiederum andere Länder oder auch Unternehmen auf ihre Klimaziele anrechnen können. Das Paris-Abkommen sieht das vor; nur die Funktionsweise war unklar. Doch das Thema scheiterte im vorigen Jahr in Kattowitz, und es scheiterte auch in Madrid - unter anderem wegen Maximal-Forderungen aus Brasilien. "Bedauerlicherweise konnten wir nicht zu einer Einigung in dieser wichtigen Frage kommen", sagte Chiles Umweltministerin Carolina Schmidt, die sichtlich frustrierte Präsidentin der Konferenz. Brasilien störte sich an einer Fußnote jenes Beschlusses, mit dem eine Entscheidung auf die nächste Klimakonferenz in Glasgow verschoben werden soll.
So bleibt nicht viel von dieser Klimakonferenz. Die Staatengemeinschaft will sich weiter mit Schäden und Verlusten befassen, die durch den Klimawandel in Entwicklungsländern entstehen; auch Geld soll es dafür geben. Aber keinen Mechanismus, der die Reichen zur Hilfe für die Armen verpflichtet. Es gibt eine Schlusserklärung, in der sich die Staaten besorgt zeigen über die Ausmaße des Klimawandels. Vor allem bekräftigen sie aber darin, was im Pariser Abkommen ohnehin schon steht. Und selbst hier blockierte Brasilien plötzlich: Einer Klausel, die auch die Ozeane und die Landmassen in den Fokus rückt, wollte Brasiliens Delegierter nicht mehr zustimmen. "Tut uns entsetzlich leid, aber das können wir so nicht annehmen." Erst als sich buchstäblich alle anderen Staaten zu den Paragrafen bekannten, knickte er ein.
Keine besonders ambitionierten Ziele formuliert
Um in den Verhandlungen Druck zu machen, hatten Deutschland und andere Staaten gemeinsam Mindeststandards für den internationalen Handel mit Klimaschutz-Gutschriften gefordert. In der Endphase der Verhandlungen veröffentlichten diese 17 Staaten ihre Ansprüche. Unter anderem heißt es darin, dass der Schutz der Umwelt gewährleistet sein müsse und der Handel auch wirklich dazu führen müsse, dass der weltweite Treibhausgas-Ausstoß zurückgehe. Zudem fordern sie ein Verbot, alte Gutschriften aus der Zeit vor dem Pariser Klimaabkommen weiterhin zu nutzen. Doch darauf konnten sich die Teilnehmerstaaten nicht einigen. Die Verhandlungen sollen beim nächsten Klimagipfel 2020 in Glasgow fortgesetzt werden.
Im kommenden Jahr sollen die Staaten eigentlich neue, ehrgeizigere Ziele im Kampf gegen Klimawandel verbindlich zusagen. Alle fünf Jahre soll es solche Verschärfungen geben, wie es der Pariser Klimaschutzvertrag vorsieht. Anders gilt das Ziel, die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu halten, als nicht erreichbar. Im Madrid war eigentlich erwartet worden, dass erste Staaten bereits ambitioniertere Ziele zumindest in Aussicht stellen. Stattdessen ist in der Abschlusserklärung nur allgemein die Rede davon, dass die Staaten mehr CO2 einsparen sollten.
Noch nie hat eine Weltklimakonferenz ihre Beratungen so lange überzogen wie in diesem Jahr. Am Sonntagmorgen war in Madrid weiter verhandelt worden - mehr als 40 Stunden nach dem ursprünglich geplanten Ende. Etliche Delegierte mussten deshalb schon vor dem offiziellen Schluss der Konferenz abreisen, waren für die endgültigen Abstimmungen nicht mehr in Madrid.
Mehrere Umwelt- und Hilfsorganisationen kritisierten den Verlauf der Konferenz - diese sei der beim Klimaschutz gebotenen Eile nicht gerecht geworden. "Diese Klimaschutzkonferenz war ein Angriff auf das Herz des Pariser Abkommens. Sie verrät all jene Menschen, die weltweit längst unter den Folgen der Klimakrise leiden und nach schnellen Fortschritten rufen", sagte Greenpeace-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaiser. Der Leiter Klimapolitik des WWF, Michael Schäfer, kritisierte: "Die Konferenz ist ein gruseliger Fehlstart in das für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens so entscheidende Jahr 2020."
2019-12-15 12:06:00Z
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