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TV-Debatte: Die Demokraten zeigten ein enormes Maß an Selbstzerstörungswillen - WELT

TV-Debatte: Die Demokraten zeigten ein enormes Maß an Selbstzerstörungswillen - WELT

Was die zehn Bewerber um die demokratische Präsidentschaftskandidatur sich in der Nacht zu Donnerstag geliefert haben, wird man so schnell nicht vergessen. Mancher Videoschnipsel dieses Abends dürfte in den nächsten gut 15 Monaten bis zur Präsidentschaftswahl wohl noch vielfach verbreitet werden. Die Demokratische Partei hat im Fox-Theater zu Detroit Munition vor allem dem politischen Gegner gegeben, sprich: Donald Trump.

Es waren mehr als nur wechselseitige Vorwürfe, mit denen das Gros der Bewerber gegen Nebenmann und Nebenfrau zu Felde gezogen ist. Ob Joe Biden oder Kamala Harris, Cory Booker oder Bill de Blasio – sie alle haben ihren parteiinternen Konkurrenten das für jeden Politiker zentrale Kapital abgesprochen, nämlich: Vertrauen.

Kamala Harris aus Kalifornien reagierte auf Angriffe eher mittelmäßig
Kamala Harris aus Kalifornien reagierte auf Angriffe eher mittelmäßig
Quelle: dpa/Paul Sancya

Sie haben sich mehr oder weniger direkt Unwahrheiten, falsche Entscheidungen in der Vergangenheit und unrealistische Vorschläge um die Ohren gehauen. Verglichen mit diesem 31. Juli waren die erste Debattenrunde im Juni und die Diskussion in der Nacht auf Mittwoch unter anderem mit Bernie Sanders und Elizabeth Warren jeweils ein gemütlicher Kaffeeklatsch.

Am Mittwochabend wurde von der ersten Minute an politisches Gift versprüht – indem de Blasio dem Ex-Vizepräsidenten Biden vorwarf, er wolle keinen fundamentalen politischen Wandel, um nicht seine wohlhabenden Spender zu verprellen.

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Doch schon dieses Beispiel zeigt, wie treffend die Kandidaten die Schwächen ihrer Parteifreunde identifizierten. Besonders kräftig traf es jenen Joe Biden, also den Umfragen zufolge bisherigen Favoriten in dem völlig überdimensionierten Kandidatenkreis.

Augenzwinkernd hatte Biden vor Beginn der Debatte an Kaliforniens Senatorin Kamala Harris, die ihn vor einem Monat kräftig angegangen war, appelliert: „Schone mich, Kind.“ Von wegen.

Doch auch Harris bekam ihr Fett ab, musste Angriffe von Biden und anderen Konkurrenten erleiden und reagierte auf diese bestenfalls mittelmäßig. Jeder gegen jeden – so wirkten manche Passagen der gut zweieinhalbstündigen Debatte.

Wahlkampf in den USA - 2. TV-Debatte der Demokraten
Insgesamt 20 Bewerber wollen bei den Demokraten Präsidentschaftskandidat werden. Dies ist Tulsi Gabbard
Quelle: dpa/Paul Sancya

Dabei zeigte sich ein enormes Maß an Selbstzerstörungswillen. Ob bei Gesundheitspolitik, Strafrecht, Handel, Klima, Migration oder Umgang mit Rassismus – die Demokraten beharkten sich derart, dass zuweilen in Vergessenheit zu geraten schien, wer eigentlich ihr Gegner ist. Donald Trump dürfte die Debatte mit Freude und Genugtuung genossen haben.

New Jerseys Senator Cory Booker wies einmal seine Parteifreunde darauf hin, Trump werde das Geschehen gewiss gerade verfolgen und er sei doch der „Feind“. Booker aber offenbarte eine beträchtliche kognitive Dissonanz, indem er nur wenig später Biden als Vizepräsident Versäumnisse in der Migrationspolitik vorwarf.

So lief die zweite Runde der TV-Debatte der Demokraten-Bewerber

Die Bewerber um die demokratische US-Präsidentschaftsnominierung haben am ersten Tag der zweiten TV-Debatte vor allem über die Krankenversicherung diskutiert. WELT-US-Korrespondent Steffen Schwarzkopf weiß, wer am Ende der Gewinner war.

Quelle: WELT/Steffen Schwarzkopf

„Ich war Vizepräsident, nicht Präsident“, versuchte sich Biden zu verteidigen. Spätestens damit war klar, dass die in den letzten Jahren reichlich nach links gedriftete Demokratische Partei sich inzwischen gar kräftig an der Politik Barack Obamas abarbeitet.

Gerne würde man Obamas Meinung über diesen denkwürdigen Abend hören. Der Mann hat immerhin mal Wahlen gewonnen.

Kirsten Gillibrand wurde gefragt, was sie machen würde, wenn sie Präsidentin wäre. „I'm going to Clorox the Oval Office“, war die Antwort, das Oval Office entkeimen
Kirsten Gillibrand aus New York wurde gefragt, was sie als Erstes machen würde, wenn sie Präsidentin wäre. „I'm going to clorox the Oval Office“, war die Antwort, das Oval Office e...ntkeimen
Quelle: dpa/Paul Sancya

Die Vorwürfe von Harris und Biden gegen einander, in ihrer politischen Vergangenheit zu wenig gegen Segregation vorgegangen zu sein, wiegen bei alldem besonders schwer. Sie treffen in das Herz Amerikas, zumal in diesen Tagen, wo der Präsident der Vereinigten Staaten mit konsequent rassistischem Unterton twittert und poltert. Indem die Demokraten hier Zweifel an der eigenen klaren Haltung artikulieren, können sie kaum mehr unbefangen den Rassisten im Weißen Haus politisch unter Druck setzen.

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Nicht nur mit ihrer wechselseitig heftigen Kritik, sondern zudem mit ihrer kühnen Programmatik macht sich das Gros der Demokraten angreifbar. Meinen sie wirklich, eine Mehrheit im Wahlleutegremium erreichen zu können mit der klaren Ansage, jedwede private Krankenversicherung abschaffen zu wollen? Und mit dem „Versprechen“, illegale Grenzübertritte zu entkriminalisieren?

Joe Biden widerspricht diesen stramm linken Plänen unter den aussichtsreichen Bewerbern fast als Einziger. Seine politische Biografie, man denke nur an das Ja zum Irak-Krieg, aber bietet ebenfalls enorme Angriffsflächen. Biden hat, wie schon im Juni, keine besonders gute Figur gemacht. Harris erschien deutlich schwächer als beim letzten Mal, Booker setzte ein paar Punkte.

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Ob aber die Demokraten, die doch angeblich das ganze Land einen wollen, die Gräben in der eigenen Partei überbrücken können, scheint heute völlig offen. Orientierungslos, teilweise träumend, taumelt die Partei der Präsidentschaftswahl 2020 entgegen. Eine Linie ist nicht erkennbar, die Widersprüche eklatant.

Nichts macht das deutlicher, als dass ausgerechnet die Streithähne Biden und Harris an die eigene Partei eine gleich lautende Frage stellten. Sie lautete: „Wer sind wir?“ Das sollte man vielleicht doch wissen, bevor man in den vermutlich dreckigsten Wahlkampf in der jüngsten Geschichte Amerikas ziehen will.

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2019-08-01 11:45:00Z
https://www.welt.de/politik/ausland/article197771451/TV-Debatte-Die-Demokraten-zeigten-ein-enormes-Mass-an-Selbstzerstoerungswillen.html

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